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Das Bayerische Hof- und Nationaltheater

Ein Haus von und für die Münchnerinnen und Münchner

Die Begeisterung für die darstellenden Künste ist tief in der Geschichte Münchens verwurzelt. Kein Bauwerk verkörpert diese Tradition so eindrucksvoll wie das Nationaltheater am Max-Joseph-Platz. Dreimal neu errichtet und stets von den Bürgerinnen und Bürgern getragen, ist es bis heute ein Symbol für die kulturelle Identität der Stadt.

Bereits 1651 fand im St. Georgs-Saal der Residenz das erste Singspiel in München statt. 1653 ließ Kurfürst Ferdinand Maria dann für seine Gemahlin Henriette Adelaide von Savoyen ein eigenes Opernhaus nach italienischem Vorbild errichten. Bis 1798 wurden Aufführungen in diesem Theater am Salvatorplatz gezeigt. 1657 wurde das „Kurfürstliche Opernhaus“ auch für die Münchner Bürgerschaft zugänglich.

Mitte des 18. Jahrhunderts reichten die bestehenden Bühnen nicht mehr aus, und zwischen 1751 und 1755 schuf François Cuvilliés der Ältere (1695‒1768) im Residenzkomplex ein Rokoko-Logentheater.

Um 1800 schließlich träumte Kurfürst Maximilian IV. (ab 1806 König Max I. Joseph von Bayern) von einem „Theater für das Volk der bayerischen Nation“. Es sollte nicht nur Unterhaltung bieten, sondern auch Bildung und Landespatriotismus fördern – ein Projekt, das sich nahtlos in seine Kulturpolitik zur Stärkung der konstitutionellen Monarchie Bayerns einfügte. 1802 gewann Karl von Fischer (1783‒1820) den Wettbewerb für einen modernen und innovativen Rangtheaterbau. Der junge Architekt setzte sich gegenüber Entwürfen durch, die eher noch den barocken Hoftheatern entsprachen. Baugrund wird der zu jener Zeit noch kahle Max-Joseph-Platz.

Fischers Bau stand unter keinem guten Stern. Nachdem der Bau aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten 1813 fast völlig zum Erliegen kam und teilweise, nur als Bauruine die Stadt schmückte, wurde 1817 der im Marstall gelagerte Dachstuhl durch Brandstiftung zerstört. „Brot oder Brand“ hatten die Täter gefordert. Nicht jeder im hungergeplagten Volk (Missernten und die Unterstützung der Napoleon-Feldzüge hatten diese Folge) konnte die Priorisierung der Fertigstellung des Baus nachvollziehen, auch wenn sich Max Joseph dadurch einen einigenden Charakter erhofft hatte. Am 12. Oktober 1818 konnte das Gebäude dann doch feierlich eröffnet werden und die meisten Zeitzeugen lobten das Bauwerk und seine Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt in hohen Tönen. Doch schon die Vorstellung vom Abend des 14. Januar 1823 endete in einem Inferno. Ein Vorhang fing Feuer und bald brannte das ganze Theater, verletzt wurde niemand.

Der Bau wurde weitestgehend nach den Originalplänen mit einigen Ergänzungen unter der Leitung von Leo von Klenze wieder aufgebaut. Die Wiedereröffnung fand bereits 1825 statt. Finanziert wurde der Aufbau durch Spenden des Volkes und eine Sondersteuer auf Bier, den sogenannten „Bierpfennig“.

In der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1943 wurde das Nationaltheater durch Spreng- und Brandbomben schwer getroffen und bis auf die Umfassungsmauern zerstört.

1954 schrieb man einen Wettbewerb für den Wiederaufbau aus, den Gerhard Graubner (1899‒1970), Architekt aus Hannover, 1955 gewann. Wieder einmal wurde über die Gestalt des Theaters diskutiert – letztlich entschied man sich für eine Rückkehr zu Fischers Originalplänen, verbunden mit moderner Operntechnik.

Bilder

Das Nationaltheater bei Nacht, ca. 1935
Das Nationaltheater bei Nacht, ca. 1935 Inspiriert wurde Karl von Fischers finaler Entwurf nach den Wünschen Max Josephs vom Pariser Théâtre de l’Odéon. Während der Planungsphase versuchten diverse Minister und Berater des Königs immer wieder in Fischers Pläne eines offenen Rangtheaters einzugreifen, darunter auch Architekt Leo von Klenze und Hofintendant Karl August Delamotte, weswegen nicht ganz auf Logen verzichtet wurde. Als Baugrund wurde bald der Ort des 1802 säkularisierten und abgerissenen Franziskanerklosters festgelegt. Den Grundstein legte 1811 Kronprinz Ludwig. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0934-01-00-012225 Erstellt von: Helga Fietz
Brand des Nationaltheaters am 14. Januar 1823
Brand des Nationaltheaters am 14. Januar 1823 Das Nationaltheater wurde 1818 eröffnet. Doch bereits 1823 ging der Bau während einer Vorstellung in Flammen auf. Das Feuer drohte sogar auf die Residenz überzuschlagen. Der König musste mit ansehen, wie sein schönes Theater bis auf die Grundmauern niederbrannte. Karl von Fischer sollte dieses Fiasko nicht mehr erleben. Er starb angeblich aufgrund der während der Bauphase empfangenen Schikane bereits 1820 im Alter von 37 Jahren. Die kolorierte Lithografie von Peter Ellmer hält das Ereignis jener Winternacht im Jahr 1823 fest. Quelle: Ulrike Hessler: »Una elegante robustezza«. Die dreifache Baugeschichte des Nationaltheaters, in: Hans Zehetmair und Jürgen Schläder (Hg.): Nationaltheater. Die Bayerische Staatsoper. München 1992, S. 207‒222, hier S. 212. Erstellt von: Peter Ellmer
Entwurfszeichnung der Hauptfassade des Nationaltheaters, um 1823
Entwurfszeichnung der Hauptfassade des Nationaltheaters, um 1823 Während des Baus musste Karl von Fischer sein Vorhaben immer wieder gegenüber Ministern und Architekten des Hofes verteidigen, darunter auch Leo von Klenze. Eben jener war es, der den Wiederaufbau leitete. Trotz seiner Bemühungen, Änderungen in der Architektur durchzuführen, wurde auf Wunsch Max Josephs Fischers Entwurf fast originalgetreu wieder aufgebaut. Lediglich notwendige Baumaßnahmen für einen erhöhten Brandschutz und der zweite Giebel an der Kuppel wurden vorgenommen. Zudem konnten auch Elemente umgesetzt werden, für die bis 1818 die Finanzmittel nicht reichten, so beispielweise auch der Säulenportikus mit Giebel. Quelle: Wikimedia Commons Erstellt von: Leo von Klenze zugeschrieben
Die Hauptfassade des Nationaltheaters, 1906
Die Hauptfassade des Nationaltheaters, 1906 Während seiner Amtszeit wollte Ludwig I. (von 1825 bis 1848 König von Bayern) die schmucklos gebliebenen Giebel mit Reliefplastiken nach antikem Vorbild füllen lassen. Da das Mauerwerk jedoch nicht tragfähig genug war, wurden sie mit Malereien nach Entwürfen von Ludwig von Schwanthaler geschmückt. Aufgrund der geringen Haltbarkeit wurden diese dann 1887 mit Glasmosaiken nachgebaut. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0934-01-00-001684 Erstellt von: Neue Photographische Gesellschaft Berlin
Kriegszerstörung des Nationaltheaters, Außenansicht, 1946
Kriegszerstörung des Nationaltheaters, Außenansicht, 1946 Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bis auf seine Umfassungsmauern zerstört. Den Wettbewerb um den Wiederaufbau gewann 1955 Gerhard Graubner (1899‒1970). Anlässlich des Wiederaufbaus wurde erneut über eine Umgestaltung des Theaters diskutiert, man entschied sich aber für einen Wiederaufbau nach Karl von Fischers Originalplänen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0934-01-00-010464 Erstellt von: Foto Marburg, Trümmerkampagne, Neg. Nr. 202554
Kriegszerstörung des Nationaltheaters, Blick auf den Zuschauerraum von der Bühne aus, 1946
Kriegszerstörung des Nationaltheaters, Blick auf den Zuschauerraum von der Bühne aus, 1946 Gerhard Graubner erhielt beim Wiederaufbau künstlerische Unterstützung durch Ministerialrat Karl Fischer (ein zufälliger Namensvetter Karl von Fischers). Für den Innenraum wurden Stuckateure extra in Italien geschult. Die alten Originalpläne der Ornamentik von Karl von Fischer dienten als Grundlage. Neben einem Zwischengeschoss für Garderobe und Erfrischungen bestanden die größten baulichen Änderungen in der Erweiterung der Bühne, wodurch diese bis heute noch zu einer der größten Opernbühnen weltweit gehört. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0934-01-00-000876 Erstellt von: Foto Marburg, Trümmerkampagne, Neg. Nr. 202061
Losverkäuferinnen vor der Ruine des Nationaltheaters, ca. 1955
Losverkäuferinnen vor der Ruine des Nationaltheaters, ca. 1955 Der Wiederaufbau wurde durch Benefizveranstaltungen und Tombolas vom Verein „Freunde des Nationaltheaters“, der sich zu diesem Zweck 1952 gegründet hatte, unterstützt. Quelle: Wikimedia Commons Erstellt von: unbekannt
Grundriss von Zuschauerraum und Bühnenhaus zum Wiederaufbau, 1963
Grundriss von Zuschauerraum und Bühnenhaus zum Wiederaufbau, 1963 Beim Wiederaufbau überlegte man, den ursprünglich von Karl von Fischer geplanten Ball- und Redoutensaal zu errichten. Aus Kostengründen und wegen der notwendigen Verlegung der Maximilianstraße verzichtete man darauf. Nach den Brandkatastrophen der Vergangenheit legte man besonderen Wert auf Brand- und Personenschutz. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, Bildarchiv Bruckmann, ZI-BAB-28-Arch-045
Blick auf das Nationaltheater von der Maximilianstraße aus, während dem Wiederaufbau, 1963
Blick auf das Nationaltheater von der Maximilianstraße aus, während dem Wiederaufbau, 1963 Die Außenfassade wurde nahezu identisch wiederaufgebaut. Der Wiederaufbau wurde von 1958 bis 1963 realisiert. Das obere Giebelmosaik konnte erhalten werden. Das zweite Mosaik über dem Portikus war zerstört und blieb zunächst noch frei. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, Bildarchiv Bruckmann, ZI-BAB-28-Arch-046 Erstellt von: E. Zickmantel, Fremdenverkehrsamt München
Wiederaufbau des Nationaltheaters, Blick vom Zuschauerraum zur Bühne, 1963
Wiederaufbau des Nationaltheaters, Blick vom Zuschauerraum zur Bühne, 1963 Schon Fischers Entwurf von 1811 brachte technische Innovationen wie Seitenbühnen und große Bühnentiefe. 1885 erhielt das Nationaltheater als eines der ersten in Deutschland elektrische Bühnenbeleuchtung. 1925 wurden nach Plänen von Adolf Linnebach eine Doppelstock-Drehbühne mit hydraulischem Antrieb installiert. Auch beim Wiederaufbau 1963 wurde die neuste Bühnentechnik eingebaut, wodurch selbst ohne Drehbühne einen Szenenwechsel von unter eineinhalb Minuten garantiert werden sollte. Inklusive der Seitenbühnen und der erweiterbaren Hinterbühne bemisst die Gesamtfläche der Bühne 2400 m². Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, Bildarchiv Bruckmann, ZI-BAB-28-Arch-051 Erstellt von: E. Zickmantel, Fremdenverkehrsamt München
Blick auf das Nationaltheater von Westen aus, 1973
Blick auf das Nationaltheater von Westen aus, 1973 In den späten 1960er Jahren wird der Giebel über dem Portikus mit plastischen Reliefs befüllt. Bereits beim Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg hatte man darauf geachtet, dass die Mauern diese Ausschmückung tragen können. Der Platz vor der Oper sollte durch den Bau der Tiefgarage seine größte bauliche Veränderung erhalten. Hier im Vordergrund zu sehen das Belüftungsgitter, welches sich durch die Kreissegmentform optisch in das Platzensemble einfügen sollte. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0934-01-00-Th250263 Erstellt von: Margrit Behrens, Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Das Theaterpublikum, ca. 1970
Das Theaterpublikum, ca. 1970 Theater und Oper hatten für die Münchnerinnen und Münchner seit jeher eine Bedeutung. Dies zeigt sich auch in den Wiederaufbaubemühungen 1825 und in den 1950er Jahren. Heute ist das Nationaltheater Spielstätte für die Bayerische Staatsoper, das Bayerische Staatsorchester und das Bayerische Staatsballett. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, Großformate, ZI- G045-02-Th141604 Erstellt von: Erika Drave

Ort

Max-Joseph-Platz 2, 80539 München | frei zugänglich

Metadaten

Nadine Raddatz, “Das Bayerische Hof- und Nationaltheater,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 19. Dezember 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/286.