Der Postgebäudekomplex am Harras, der nach der nationalsozialistischen Machtergreifung eröffnet wurde, ist eines der späteren Projekte der Postbauschule. Da beim Bau der Anlage die Verkehrsregelung des ganzen Platzes bedacht und neu strukturiert wurde, gilt es als eines der bedeutendsten Projekte von Robert Vorhoelzer, dem damaligen Leiter der Oberpostdirektion.
Die Post am Harras, errichtet im Stil des Neuen Bauens, (auch bekannt aus dem Kontext von Neuer Sachlichkeit und Bauhaus) verbindet gleichzeitig ein Postamt samt Büroräumen mit einem Wohnkomplex für die Angestellten. Es handelt sich um eines der späteren Projekte der Postbauschule, welche die Verbesserung sozialer Zustände und postalischer Arbeitsabläufe durch Verwendung neuer Materialien und technischer Möglichkeiten sowie die Etablierung einer modernen Architektursprache vorsah.
1931 trat die Oberpostdirektion mit dem Projekt für den Ausbau des Post- und Telegrafenwesens am Harras an die Öffentlichkeit. Die Lokalpresse forderte daraufhin, dass in diesem Zuge auch eine Umgestaltung des Platzes an der Gabelung der heutigen Plinganserstraße und Albert-Roßhaupter-Straße erfolgen sollte.
Der Platz lag zu Beginn des 20. Jahrhunderts am Stadtrand Münchens und war Siedlungsraum hauptsächlich für Arbeiter:innenfamilien, die in den umliegenden Fabriken angestellt waren. Durch sein organisches Wachstum entwickelte sich der Harras zu einem stark genutzten und sehr chaotischen Verkehrsknotenpunkt.
Bei der Konzeption und beim Bau des Gebäudekomplexes am Harras konnten der Leiter der Oberpostdirektion Robert Vorhoelzer und Hans Schnetzer das in der Vergangenheit beispielsweise an der Postversuchssiedlung in Neuhausen oder der Post an der Tegernseer Landstraße erprobte Wissen anwenden und erweitern.
Das von Vorhoelzer und Schnetzer projektierte Postgebäude wird von zwei höheren Wohngebäuden umrahmt. Das Ensemble umschließt einen Innenhof auf der einen Seite und begrenzt auf der anderen Seite den davorliegenden Platz nach Süden hin. Durch den Umbau wurde der Platz auf das Doppelte seiner ursprünglichen Fläche ausgedehnt. Das nach Westen hin als Abschluss geplante siebengeschossige Hochhaus wurde nicht mehr verwirklicht – möglicherweise aufgrund einer dem Projekt gegenüber eher zurückhaltenden Einstellung der Stadtverwaltung.
Für die Konstruktion der Gebäude setzte man die zu dieser Zeit häufig verwendete Eisenbetonskelettbauweise ein, die mit Mauerwerk ausgefacht und glatt verputzt wurde.
Der Gebäudekomplex wurde nach kurzer Bauzeit vollendet – bereits zum 1. November 1932 waren die 65 Eineinhalbzimmereinheiten und 30 Vierzimmerwohnungen bezugsfertig. Das Postdienstgebäude wurde am 1. April 1933 eröffnet – also bereits nach der Machtergreifung Hitlers, am selben Tag, an dem der Boykott jüdischer Geschäfte begann.
Eine konkrete Zusammenarbeit mit der NSDAP liegt allerdings nicht vor. Bei dem Gebäudekomplex handelt es sich um eines der spätmöglichsten modernen Bauwerke, welche in der Zeit direkt vor der Diktatur umgesetzt werden konnten. Robert Vorhoelzer wurde aufgrund seines modernistischen Baustils eine „bolschewistische Bauhaltung“ (zit. nach Aicher u.a. 1990, S. 81) vorgeworfen und letztlich seines Amtes als Leiter der Oberpostdirektion enthoben.