Die Widenmayerstraße 25
Ein Doppelmietshaus für den Handschuhfabrikanten
Die Fassade mit den vorgelagerten kannelierten Lisenen, zwischen denen kleine halbplastische Ornamente mit Tieren die Wandfelder zieren, sticht im Vergleich zu den anderen Häusern in der Widenmayerstraße heraus.
Das symmetrisch angelegte Doppelhaus wurde 1910–11 für den Kommerzienrat Heinrich Roeckl (1867–1950) erbaut, der in dritter Generation Leiter der Handschuhfirma Roeckl München war. Architekten waren Emmanuel von Seidl und Hugo M. Roeckl.
Der untere Teil der Fassade ist im neuklassizistischen Stil gehalten und zeichnet sich durch die auffälligen Ornamente aus. Oberhalb des ersten Obergeschosses schließt diese Fassadengliederung mit einer schmalen Verdachung ab. Darüber ist die Fassade – bis auf die für Seidl typischen geschwungenen Giebel – im Vergleich zum unteren Bereich geradezu nüchtern gehalten.
Die beiden Häuser sind durch einen baulich abgesetzten Bereich mit einem großen, mit stilisierten Blumenranken verzierten Holzfenster im Hochparterre sowie Balkonen in den Obergeschossen miteinander verbunden. Rechts und links davon, zwischen den Lisenen und den Fenstern des Hochparterres und des ersten Obergeschosses, befinden sich in kleinen rechteckigen Rahmen von außen nach innen auf beiden Seiten ein Meerestier, ein Pfau und Vögel in einer Obstschale. Rechts außen ist ein Fisch abgebildet, links eine Schildkröte, beide Tiere sind vor einer Etagere mit Obst platziert. Die Pfauen sind identisch, während sich das Vögel-Ornament wiederum unterscheidet: Links handelt es sich um zwei große Vögel in einem Obstkorb, rechts um zwei kleine Vögel auf einer Etagere mit Trauben.
Bei der Dekoration der Fassade wurden verschiedene Stile miteinander kombiniert. Die Umkehr und Abwendung von traditionellen Fassadengliederungen sowie die Vermischung unterschiedlichster Stile sind Merkmale des späten Heimatstils, der in den Jugendstil überging und ländliche Elemente aufgriff. Diese Merkmale sind an der Fassade gut erkennbar.
Innen ist das Gebäude verschiedenartig gegliedert. Der linke, von außen sichtbare Eingang (heute Hausnummer 25) führte in die Hochparterre-Wohnung. Über den rechten Eingang (heute Hausnummer 25a) gelangte man in ein rückwärtig angelegtes repräsentatives Treppenhaus, neben dem sich auch der Personenaufzug befindet, der dort schon 1910–11 eingebaut wurde.
Die großen Räume in den Wohnungen zeugen vom Wohlstand und den sozialen Verhältnissen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Zum Hof hin befand sich im Erdgeschoss ein zweigeschossiger ovaler Tanzsaal, der später entfernt wurde. Im Rückbau befanden sich die Wohn- und Wirtschaftsräume des Personals, ein Kohleaufzug und die Dienstbotentreppe, um die Wege der Herrschaften und des Personals voneinander zu trennen.
Das Haus wurde am 25. April 1944 von einer Brandbombe getroffen und erlitt bei den darauffolgenden Löscharbeiten einen Wasserschaden. Das daraufhin aufgesetzte Notdach wurde 1952–53 durch ein neues Dach mit zwei Dachwohnungen ersetzt.
1959–60 wurden weitere Umbaumaßnahmen durchgeführt: Es wurden Zugänge zu den Wohnungen im Rückflügel über die Haupttreppe geschaffen und der Raum der ehemaligen Bedienstetentreppe zugunsten von Wohnungen aufgegeben.
1975 wurde die Fassade restauriert und an die Farbigkeit der Entstehungszeit angeglichen und vereinheitlicht.