Das Bernheimer Schloss in Oberföhring
Eine herrschaftliche Villa und ihre Bewohner

Die im Vergleich zu den Oberföhringer Bauernhäusern noble Villa, die zwischen 1900 und 1901 erbaut wurde, wurde aufgrund ihrer Architektur „Bernheimer Schloss“ genannt. Die wechselnden Bewohner und Nutzungen der Künstlervilla zeugen von ihrer bewegten Geschichte.
Johann Parzinger
Im Jahre 1899 kaufte Johann Parzinger für 28.000 Mark das Haus der Maurers-Eheleute Jakob und Anna Neuner in Oberföhring, Muspillistraße 19. Auf dem Grundstück ließ er sich 1901 nach dem Entwurf des Architekten Andreas Holzinger eine burgartige Villa mit Atelier errichten. Parzinger, als Sohn eines Kaufmanns in München geboren, begann 1895 mit 18 Jahren sein Studium der Bildhauerei bei Wilhelm von Rümann an der Akademie der Bildenden Künste in München. Parzinger gehörte nicht zu den erfolgreichsten Bildhauern seiner Zeit. Bei den jährlichen Ausstellungen im Glaspalast im alten Botanischen Garten war er einige Jahre mit einem oder zwei Werken vertreten und die Galerie Heinemann am Maximiliansplatz zeigte 1904 und 1905 einige seiner Skulpturen. 1904 tauschte Johann Parzinger seinen Besitz, vermutlich aus finanziellen Gründen, gegen ein Anwesen an der Tegernseer Landstraße ein. Ob die Reliefs an der Westseite seiner Oberföhringer Villa von ihm stammen ist ungewiss.
Von 1905 bis 1913 war Blanche von Arschak, Gemahlin des persischen Generals und Kabinetts-Ministers in Teheran, Mirza Reza Khan von Arschak, Besitzerin der Villa (Kaufpreis 97.500 Mark). 1911 ließ sie sich scheiden. Daraufhin ersteigerte 1913 Ernst Bernheimer den Besitz für das Meistgebot von 42.127 Mark und die Übernahme zweier Bankhypotheken zu 54.000 Mark und 10.000 Mark.
Die Familie Bernheimer
Die Künstlervilla diente den Bernheimers als Sommerresidenz und die Familie hatte viel übrig für die Oberföhringer Bevölkerung. An Weihnachten verteilte der Chauffeur der Bernheimers Geschenke an die ärmeren Oberföhringer Kinder und für manchen Firmling übernahm Frau Bernheimer die Patenschaft. Im Jahre 1905 verlieh der Magistrat der königlichen Haupt- und Residenzstadt München Ernst Bernheimer das Bürgerrecht und im Jahre 1928 wurde er für die Verleihung des Titels eines Kommerzienrates vorgeschlagen.
Ein Großteil der jüdischen Familie Bernheimer konnte im Frühjahr 1939 nach England oder in die USA auswandern und so der Verfolgung durch das NS-Regime entkommen. Für die Familie von Ernst Bernheimer war die Auswanderung jedoch aufgrund der Behinderung ihres zweiten Sohnes Karls besonders schwierig. Deshalb wandten sie sich ab 1938 an die Auswanderer-Beratungsstelle in München. Wegen der immer wieder neu zu beantragenden Bescheinigungen, die für die Emigration nötig waren, verzögerte sich ihre Ausreise. Die Familie wohnte zunächst in der Rauchstraße 20, später war sie in einer Pension an der Kaulbachstraße untergebracht, bis sie im Februar 1941 nach Kuba emigrieren konnte. Offiziell war für die jüdische Bevölkerung eine Ausreise aus Deutschland bis zum Erlass des Ausreiseverbots im Oktober 1941 möglich.
Die Zeit nach 1945
Die Villa von Ernst Bernheimer in Oberföhring wurde im Februar 1940 von dem Treuhänder Hans Wegner an die Arno Fischer Forschungsstätte GmbH verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Anwesen als Ausweichkrankenhaus. Die Bernheimers gehörten zu den ersten jüdischen Familien, die aus der Emigration nach Deutschland zurückkehrten. Sie konnten ihre frühere Firma wieder übernehmen, Haus und Grundbesitz wurden ab 1948 restituiert. Die Rückerstattung des Bernheimer Schlosses erfolgte 1950, im selben Jahr erwarb die Stadt München die Villa. Nach dem Auszug des Oberföhringer Ausweichkrankenhauses wurden die Räume als Altenheim mit etwa 100 Bewohnern genutzt.
Der Verein Condrobs e.V.
Am 16. Februar 1978 fand die Eröffnung des Jugendwohnprojekts für drogen- und alkoholgefährdete junge Menschen im Gebäude an der Muspillistraße 19 statt. Die Elterninitiative gegen Drogenmissbrauch e.V. war Anfang der 1970er Jahre gegründet worden. Heute werden in der Einrichtung etwa 20 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 22 Jahren betreut.
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