Das Fleischer-Schlösschen an der Ismaninger Straße
Der erste Edelsitz in Bogenhausen

Ursprünglich befand sich hier im 15. Jahrhundert ein Hof als Lehen des Hochstifts Freising. 1630 errichtete man ein „gemauertes Haus“, das in der Folgezeit zu einem Schlösschen aus- und umgebaut wurde. Es entstand „Stepperg“, der erste Edelsitz in Bogenhausen.
Den Edelsitz erwarb 1803 der damalige Staats- und Konferenzminister Freiherr Maximilian von Montgelas. Ab 1814 war der Edelsitz Stepperg durch Dekret von König Max I. Joseph mit den Befugnissen eines Ortsgerichtes für die Ortschaften Bogenhausen, Denning, Zamdorf, Priel und Steinhausen verbunden. Die gesamten Bogenhausener Liegenschaften von Montgelas wurden nach seinem Tod 1838 an Herzog Maximilian von Bayern verkauft. Schloss und Nebengebäude verfielen im Laufe der Zeit.
Die Fleischervilla
Um 1900 erwarb der Farbenfabrikant und Historienmaler Professor Philipp Fleischer das Grundstück zwischen Ismaninger- und Montgelasstraße. Philipp Fleischer (1850–1930) erhielt seine künstlerische Ausbildung in Dresden bei Julius Schnorr von Carolsfeld und anschließend an der Münchner Akademie bei Karl Theodor von Piloty. Fleischer plante ein wahres Märchenschloss, hoch zu Ross sollte man in den ersten Stock reiten können. Beauftragt mit der Planung für ein Wohn- und Geschäftshaus mit Gemäldegalerie nach dem Vorbild barocker Schlossbauten wurde das Architektenbüro Heilmann & Littmann. Aus finanziellen Gründen musste der im Jahre 1909 begonnene Bau ein Jahr später eingestellt werden. In den folgenden Jahren scheiterten mehrere Versuche, den Rohbau für eine sinnvolle Verwendung herzurichten.
In den Münchner Neuesten Nachrichten vom 19. März 1914 war zu lesen:
„Die Bogenhauser Schloßruine, die, wie im vorigen Sommer mitgeteilt, mit fünf Tagwerk Grund im Wege der Zwangsversteigerung an eine zu dem besonderen Zweck gegründete „Bogenhausener Grundverwertungs-Gesellschaft“ um die Summe von 630.000 M übergegangen ist, wird nicht, wie anderweitig verlautet, abgebrochen. Hat der Bau allein als solcher doch 800.000 bis 900.000 M gekostet und ist aufs solideste in Beton und Haustein konstruiert, so dass der Abbruch an sich schon ebenso kostspielig wie langwierig wäre. Der Zustand des Baues wurde auch bei der Untersuchung durch die Lokalbaukommission als gut befunden, die neue Besitzerin ließ ferner mit Aufwendung von etwa 10.000 M im Herbst eine provisorische Eindeckung herstellen und die Fenster mit Verschalungen schließen. Eine Verwertung des stattlichen Palastes als solchen, entsprechend seinem Gepräge und seiner Raumbemessung, für ein Versicherungsunternehmen, für ein Museum, für eine Bildergalerie und dergleichen ließe sich umso eher denken, als der heutige Angebotspreis, wie man hört, in gar keinem Verhältnis zu dem früheren Werte steht. Hat das Ganze doch rund zweieinhalb Millionen gekostet und sind doch eine Million Hypotheken bei der Versteigerung ausgefallen.“ (Münchner Neueste Nachrichten, 19. März 1914, S. 3).
Der Bundesfinanzhof
Im Juli 1918 trat das Gesetz zur Errichtung des Reichsfinanzhofs in Kraft. Die Wahl des Gerichtssitzes fiel auf München und das Deutsche Reich kaufte daraufhin das Fleischer-Schlösschen. Nach den Plänen des Architekten Rudolf Ritter von Pérignon wurde der Bau im Stile des Art Deco zu Ende geführt, wobei man das Gebäude um einen Stock erhöhte. Die feierliche Übergabe des Reichsfinanzhofes fand am 3. Januar 1924 statt. Auch nach 1945 hatte der Oberste Finanzgerichtshof im Gebäude seinen Sitz, weitere Räume waren von amerikanischen Besatzungsdienststellen, einem Münchener Finanzamt, vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und vom Bayerischen Statistischen Landesamt belegt. Nach dem Verlassen dieser Dienststellen zog von 1951 bis 1956 das Finanzgericht München ein. Erst von März 1956 an konnte der Bundesfinanzhof wieder über sein Dienstgebäude verfügen. Als oberstes Bundesgericht ist er für Entscheidungen in Steuer- und Zollangelegenheiten in der letzten Instanz zuständig.
Die Räumlichkeiten des Bundesfinanzhofs sind mit Gemälden und Skulpturen ausgestattet, ausgeliehen von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und vom Bundesministerium des Innern.
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