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Der Lenbachgarten

Ein Künstlergarten im Wandel der Zeit

Der in Anspielung auf seinen extravaganten, selbstinszenierten Lebensstil als „Münchner Malerfürst“ bezeichnete Franz von Lenbach (1836–1904) ließ an der Luisenstraße, in unmittelbarer Nähe zum Königsplatz, in den Jahren von 1887 bis 1890 in Zusammenarbeit mit dem Architekten Gabriel von Seidl (1848–1913) seine Künstlervilla errichten. Zu dem Gesamtkonzept der Villa gehörte ein eindrucksvoller Garten, welcher von Max Kolb (1829–1915) mitgestaltet wurde und ähnlich wie der Gebäudekomplex eine ästhetische sowie repräsentative Funktion erfüllen sollte.

Lenbach kaufte das Grundstück im Jahr 1886 für eine Summe von 220.000 Gulden. Der linke Flügel, der als Atelierbau diente, wurde 1888 fertiggestellt, der Hauptteil zehn Jahre später. Erst 1900 wurden beide Gebäude durch einen Zwischentrakt miteinander verbunden. Adolf Rosenberg beschrieb das Gestaltungskonzept folgendermaßen: „Nach und nach entstand jene prächtige Anlage im Stil italienischer Villenarchitektur, bei der sich die Kunst des Baumeisters mit der des Gärtners vereinigt haben, um ein Gebilde von vollendeter Harmonie zu schaffen“ (Rosenberg 1899, S. 92).

Nach Lenbachs Tod im Jahr 1904 durchlief das Grundstück einige Wandlungen, so verband man 1911/12 Wohnhaus und Atelier mit einem Zwischenbau, 1927 wurde der nördliche Flügel neu errichtet. Dadurch wurde eine symmetrische Gestaltung von Haus und Garten erzeugt, die Lenbach auf diese Weise nicht beabsichtigt hatte.

Anhand von Fotografien soll ein Einblick in das Erscheinungsbild des Gartens des Lenbachhauses über den Verlauf der letzten 100 Jahre hinweg geboten werden. Die Auswahl der Abbildungen stammt aus dem Fundus der rund 25.000 München-Fotos der Photothek sowie aus dem Bruckmann-Archiv des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.

Bilder

Lenbachhaus, um 1905
Lenbachhaus, um 1905 Ein ähnlicher Anblick, wie er sich den zwei adrett gekleideten Passanten offenbarte, die vor der Gartenmauer der Lenbachvilla stehend durch das Metallgitter hindurch in das grüne Innere blicken, muss sich auch dem Kunsthistoriker und Museumsdirektor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichwarck, geboten haben. 1889 beschreibt er seine Eindrücke – räumlich getrennt durch das Gitter, aber mit freiem Blick auf Lenbachs neues Wohnhaus: „[…] später machten wir Lenbach einen Besuch, der leider nicht zu Hause war. Das war erst schön! Im Auenblick sieht man schon von außen, daß ein Mann von eminentem Geschmack dort wohnt. Durch ein prachtvolles Gitter sieht man einen Garten von regelmäßiger Anlage, ähnlich wie mein kleiner Garten in der Kunsthalle. Aber in der Mitte erhebt sich ein alter italienischer Brunnen aus einem tiefen Bassin. Links ein langer Bau, das Atelier […] So etwas von diskreter Pracht habe ich noch nicht gesehen. […]“ (Zit. N. Ruppert 1998). Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-325531
Lenbachhaus, um 1900
Lenbachhaus, um 1900 Der Garten ist aufgeteilt in Parterres und Beete, die in einer Achse zum Wohnhaus ausgelegt sind. Geformte und gestutzte Hecken begrenzten die Flächen. Die kugelförmigen Büsche waren symmetrisch angelegt. Zur Ausstattung des Gartens zählten südländische Gewächse und Orangenbäume. In dem ästhetisch gestalteten Garten gab es nur wenige Aufenthaltsplätze, er war demnach nicht für ein längeres und gemütliches Verweilen vorgesehen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-Th224668
Südbau, Ansicht von Norden mit Propyläen, um 1905
Südbau, Ansicht von Norden mit Propyläen, um 1905 Das im Vordergrund zu sehende Brunnenbassin stand bereits zu Lenbachs Zeiten. Aus diesem erhebt sich ein dreischaliger Brunnen, dessen unterste mit Seepferden geschmückte Schale der Fontana dei cavalli marini in dem Park der Villa Borghese ähnelt. Wie Zeitzeugen berichten, wurde die Lenbachvilla für Besuche geöffnet und diente als Aushängeschild des Künstlers. Der Garten wurde dabei für öffentliche Anlässe wie beispielsweise Besuche Bismarcks genutzt. Der Gebäudekomplex war zudem präsent auf Ansichtskarten, in Zeitschriften und auf dem Briefpapier des Künstlers; auf letzterem war beispielsweise diese Gartenansicht abgedruckt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-Th224669 Erstellt von: Lenbach-Neg.-Archiv Städtische Galerie Nr. 5157
Ansicht der Lenbachvilla, 1905
Ansicht der Lenbachvilla, 1905 Das skulpturale Gartenprogramm mit Statuen, Büsten sowie Hermen sollte sich auf die griechische und römische Antike sowie die italienische Renaissance beziehen und zeugt von Lenbachs Bildungsanspruch und Kunstverständnis. So ist im Garten beispielsweise eine Kopie der römischen Skulptur „Knabe mit der Gans“, dessen Original noch heute in der Glyptothek ausgestellt wird, zu sehen. Auf der Terrasse des Wohnbaus befindet sich eine Schale, in der steinerne Meerestiere krabbeln. Dort, wo sich heutzutage der Brunnen mit der Bronzefigur „Herakles als Knabe“, gegossen von Ferdinand von Miller (1875–1929) im Jahr 1890, befindet, stand zu Lenbachs Zeiten eine Venusfigur. Das Dach wurde zudem bis zum Zweiten Weltkrieg von zwei Obelisken bekrönt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-BAB-27-Arch-051 Erstellt von: F. Bruckmann
Blick zum Atelierbau und zu den Propyläen, 1905
Blick zum Atelierbau und zu den Propyläen, 1905 Wilhelm Wyl, ein Zeitgenosse und Freund Lenbachs, beschrieb den Garten mit folgenden Worten: „Da spielt das Sonnenlicht mit den Reizen einer Venus des alten Sansovino, Blumen ranken sich von den Kapitälen alter Säulen herab, die einst jahrhundertelang in Trient gestanden, eine gewaltige, in Venedig erworbene, sehr wahrscheinlich antike Marmorschale schmeichelt dem Auge mit ihren herrlichen Linien, und dann, das große Preisstück der ganzen Zauberei, klare Gewässer treiben ihr Spiel mit den Figuren und in den Schalen einer geradezu prachtvollen, in Vicenza erworbenen Fontäne, welche allein um sich ein gutes Stück italienischer Atmosphäre erzeugt.“ (Wyl 1904, S. 157) Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-BAB-27-Arch-047 Erstellt von: Bruckmann
Lenbachs Villa in den 1930er Jahren
Lenbachs Villa in den 1930er Jahren Der Garten des Lenbachhauses kann als Selbstinszenierung des Künstlers sowie eines gesteigerten Selbstbewusstseins gewertet werden und visualisiert die Zurschaustellung von Ansehen, Status, Wohlstand sowie Erfolg des Malers. Nicht umsonst wurde Lenbach aufgrund seines sozialen Aufstieges, seiner führenden Rolle in der (Münchner) Kunstszene sowie ab 1882 durch seinen Adelstitel „Ritter von Lenbach“ als „Malerfürst“ tituliert. Wer solch ein stattliches Anwesen baute, plante selbstverständlich auch einen Garten zur öffentlichen Repräsentation - hier ähnlich eines italienischen Renaissancegartens. Der Garten und dessen Gestaltung stehen demnach in enger Verbindung mit dem Besitzer und leisten einen Beitrag bei der Überhöhung von Lenbachs Künstlerpersönlichkeit. Neben den Malereien, die Lenbach Erfolg und Ruhm brachten, kann der Komplex aus Atelier, Wohnhaus und Garten als ästhetisches und eindrucksvolles Gesamtkunstwerk des Künstlers angesehen werden. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-012226 Erstellt von: Helga Fietz
Blick vom Garten auf Süd- und West-Flügel der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, 1946
Blick vom Garten auf Süd- und West-Flügel der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, 1946 Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Haus und Garten von Bomben getroffen. Besonders der Ateliertrakt wurde dabei schwer beschädigt. Der Garten wurde, wie auf der Fotografie ersichtlich, als Lagerplatz für Baumaterial beim Wiederaufbau genutzt und wuchs zunehmend zu. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-325536
Außenansicht des Künstlerhauses mit Garten, 1950-1959
Außenansicht des Künstlerhauses mit Garten, 1950-1959 In der Nachkriegszeit wurde der Garten wiederhergestellt. Dabei blieben die Skulpturen an ihren ursprünglichen Standorten positioniert. Die fehlende Heckenbegrenzung und Berankung der Hausfassade erzeugen hier noch einen kahlen und nüchternen Eindruck der Gartenanlage. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Archiv, ZI-0944-01-01-090438 Erstellt von: Georg G. Brunnwieser

Ort

Luisenstraße 33, 80333 München | Zugang mit Museumsticket

Metadaten

Hannah Rathschlag, “Der Lenbachgarten,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 21. November 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/148.