Im ausgehenden 19. Jahrhundert gab es kaum eine andere Möglichkeit, als Ölgemälde im Freien bei direktem Sonnenlicht abzulichten. Wenn Gemälde nicht in die Ateliers der Fotografie- und Verlagsanstalten transportiert werden konnten, wurden entsprechende mobile Fotoateliers in den Gärten oder Grünflächen rund um die Museen aufgebaut.
Um bei der Aufnahme die natürlichen Lichtverhältnisse ideal zu nutzen, etablierten sich sogenannte fotografische „Drehscheiben“. Auf einer gemeinsamen Schiene standen sich ein Stativ- und ein Kamera-Häuschen gegenüber, so dass der Abstand zwischen Gemälde und Linse komfortabel verschoben werden konnte. Die gesamte Konstruktion stand dabei zusätzlich auf einer kreisrunden Schiene, die sich nach dem Gang der Sonne drehen ließ.
Ein mobiles Außenatelier wurde auch in den Grünanlagen an der Südseite der Alten Pinakothek installiert, als der Bruckmann-Verlag um 1895/1896 verschiedene Aufnahmeserien zur fotografischen Erfassung der königlichen Gemäldesammlung in München durchführte. Auf einigen der im Bildarchiv Bruckmann am ZI erhaltenen Negative zu dieser Kampagne lassen sich an den Rändern noch die Architektur der Alten Pinakothek und Teile des Stativbaus identifizieren. Besonders für großformatige Gemälde, z.B. von Peter Paul Rubens, die in der Sammlung des Museums bis heute von großer Bedeutung und beim Publikum überaus beliebt sind, war eine Aufnahme im Freien unausweichlich. Dieser Kompromiss schmerzte nicht nur das kuratorische Herz der Direktoren, sondern stieß auch in der Bevölkerung auf Missfallen, die durch das mobile Fotoatelier – das für mehrere Monate vor dem Museum aufgebaut war – die Erscheinung des repräsentativen Baus verschandelt sah.
Mit dem rasanten Fortschritt fotografischer und drucktechnischer Methoden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich ein immer größer werdender Markt um die Popularisierung von Kunst entwickelt, mit der ein regelrechtes „Wettrüsten“ des Zeigens einherging. Die internationale Konkurrenz war enorm unter den Verlags- und Bildanstalten: Wer konnte wann, wo, zu welchen Bedingungen, welche Sammlung fotografieren und die herausragendsten Reproduktionen vorweisen? Die Schätze der Alten Pinakothek in München waren von Anfang an besonders umworben.
Die Negative mit den Reproduktionen der Kunstwerke wurden in der Verlagsanstalt Bruckmann schließlich für den Druck aufbereitet, beschnitten und retuschiert, und dann für ganz unterschiedliche Produkte verwertet, zum Beispiel als Einzelbilder, die u. a. als Pigmentdrucke zu erwerben waren, oder für die Herstellung von Sammlungs- und Ausstellungskatalogen.