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Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10

Vom Künstlerhaus zum Erinnerungsort

Der Schriftsteller Thomas Mann und seine Familie wohnten ab 1910 in Bogenhausen. Zwei Gedenktafeln erinnern daran: am Gebäude Mauerkircherstraße 13 und an der Gartenmauer der Villa an der Thomas-Mann-Allee 10.

Am Mietshaus Mauerkircherstraße 13 ist seit 2010 eine Tafel mit folgender Aufschrift angebracht:
„Der Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger (1929) / Thomas Mann / lebte mit seiner Familie im Haus Mauerkircherstraße 13/II / von Oktober 1910 bis Januar 1914. / Hier entstand die Novelle ‘Der Tod in Venedig‘ (1912).“

1914 bezogen Thomas und Katia Mann mit ihren vier Kindern Erika, Klaus, Golo und Monika das Haus mit der damaligen Adresse Poschingerstraße 1, heute Thomas-Mann-Allee 10. Die Villa, gelegen im Herzogpark und in der Nähe der Isar, planten die Architekten Alois und Gustav Ludwig. In den folgenden Jahren entstanden hier einige der bedeutendsten Werke Manns, darunter „Betrachtungen eines Unpolitischen“ (1918), „Der Zauberberg“ (1924), „Mario und der Zauberer“ (1930) und die ersten beiden „Joseph“-Romane (1933/34).

Am 10. Februar 1933 hielt der Schriftsteller in München einen Vortrag über „Leiden und Größe Richard Wagners“. Von der anschließenden Vortragsreise im Ausland kehrte er auf Warnung seiner Familie nicht mehr zurück, denn im April 1933 kam es zum öffentlichen Protest der Richard-Wagner-Stadt München gegen ihn. Im Mai 1933 wurden die Werke von Heinrich, Thomas und dessen Kindern Klaus und Erika Mann an der Universität München verbrannt. Thomas Mann verlor die deutsche Staatsbürgerschaft und 1937 folgte die endgültige Beschlagnahme seines Besitzes.

Die Villa diente von 1938 bis 1940 dem NS-Verein "Lebensborn" als Zentrale. Ein Fliegerschaden vom 25. April 1944 machte das zu diesem Zeitpunkt weitgehend leerstehende Gebäude unbewohnbar. Ab 1945 nutzten russische und ukrainische Familien, bis zu 50 Personen, davon die Hälfte Kinder, das Haus als Unterkunft. 1948 erhielten Thomas und Katja Mann ihren Besitz zurück und ließen das Haus 1952 abreißen. Der Apotheker Otto Roeder erwarb das Grundstück laut Katastereintrag 1953 für 26.000 DM und errichtete auf den alten Fundamenten einen Bungalow.

Nach mehreren Besitzerwechseln wurde das Anwesen 2002 neu bebaut. Der Neubau orientiert sich in seiner äußeren Gestalt an der ursprünglichen Villa. Auf der 2006 angebrachten Gedenktafel ist zu lesen:
„AUF EIGENE ART EINEM BEISPIEL FOLGEN. DAS IST TRADITION. / Der Schriftsteller und Nobelpreisträger Thomas Mann (1875–1955) ließ hier 1913 ein Wohnhaus errichten und bewohnte es mit seiner Familie von Januar 1914 bis zum Beginn des Exils im Februar 1933. Der Beschlagnahme des Hauses 1933 durch die Bayerische Politische Polizei folgte 1937 die Enteignung durch das Deutsche Reich und das Land Bayern. Nach der Zerstörung im Krieg 1944 wurde das Haus Thomas und Katia Mann 1948 zurückerstattet. Thomas Mann ließ es 1952 abreißen und verkaufte das Ruinengrundstück. Ein Nachfolgebau (1953–2002) wurde im Jahr 2006 durch die mit der Stadt München vereinbarte äußerliche Rekonstruktion des einstigen Thomas-Mann-Hauses ‚auf eigene Art’ ersetzt.“

Um das Leben und Wirken der Familie Mann zu würdigen, beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt München die Schaffung eines Denkmals; 2019 prämierte eine Fachjury den Entwurf „Straßen Namen Leuchten“ des Künstlers Albert Coers. Dieser greift die biografischen Stationen der Familienmitglieder in München und die Orte ihres Exils auf sowie die literarische Rezeption und Gedenkkultur, die sich weltweit mit dieser außergewöhnlichen Familie auseinandersetzt. Das Denkmal wird ab 9. Dezember am Salvatorplatz beim Literaturhaus München zu sehen sein.

Bilder

Die Thomas-Mann-Villa, um 1910
Die Thomas-Mann-Villa, um 1910 Die Aufnahme zeigt die Villa an der Poschingerstraße 1 während ihrer Bauphase – das künftige Zuhause der Familie Mann, die 1914 hier einzog. Quelle: Stadtarchiv München, FS-STR-2934
Die Gedenktafel am Wohnhaus Mauerkircherstraße 13
Die Gedenktafel am Wohnhaus Mauerkircherstraße 13 Seit 2010 erinnert eine Gedenktafel am Haus Mauerkircherstraße 13 daran, dass Thomas Mann hier mit seiner Familie von 1910 bis 1914 lebte. Erstellt von: Karin Bernst
Die Gedenktafel an der Thomas-Mann-Allee 10
Die Gedenktafel an der Thomas-Mann-Allee 10 Die 2006 angebrachte Gedenktafel erinnert an Thomas Manns Wohnhaus, dessen Geschichte von Bau, Enteignung, Zerstörung und späterer Rekonstruktion erzählt. Erstellt von: Karin Bernst
Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10 im Jahr 2025
Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10 im Jahr 2025 An der Thomas-Mann-Allee 10 steht heute ein Neubau, der „auf eigene Art“ an das verschwundene Wohnhaus der Familie Mann erinnert. Erstellt von: Karin Bernst
Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10 im Jahr 2025
Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10 im Jahr 2025 Der Neubau an der Thomas-Mann-Allee 10 wurde unter der Auflage errichtet, der Fassade der historischen Villa zu entsprechen – im Inneren jedoch folgt er einer modernen Raumaufteilung. Erstellt von: Karin Bernst

Ort

Thomas-Mann-Allee 10, 81679 München

Metadaten

Karin Bernst, “Die Villa an der Thomas-Mann-Allee 10,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 6. November 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/277.