Eingeordnet unter Friedhofswesen

Der Alte Teil des Waldfriedhofs

Ein Friedhof inmitten der Natur – der erste seiner Art in Deutschland

Der Münchner Waldfriedhof ist der erste Friedhof Deutschlands, der in einen bestehenden Wald eingefügt wurde. Die Schönheit der Natur und die Vergänglichkeit des Irdischen treffen hier zusammen und machen dieses Gebiet im Süden Münchens zum Ort der Erinnerung für die verschiedenen Kulturen der Stadt.

Angeregt vom Parkfriedhof in Hamburg-Ohlsdorf entstand erstmals in Deutschland ein Friedhof inmitten einer Waldlandschaft. Nach Entwürfen des späteren Stadtbaudirektors Hans Grässel (1860–1939) wurde inmitten des Friedhofsgeländes zwischen 1905 und 1907 die quadratische Aussegnungshalle mit der Leichenhalle und einem Betriebshof errichtet. Die Aussegnungshalle erhielt ein schlichtes Äußeres mit Zeltdach und einem hohen Aufsatz mit Spitztürmchen. An der Friedhofsmauer zur Fürstenrieder Straße entstand 1907 eine kleine Kapelle mit einem Vesperbild. Am Haupteingang, den zwei Sphinxen bewachen, baute man für Angestellte zwei symmetrische Häuser, die sich in ihrer Form in den Wald einfügen.

Zur Betonung des naturnahen Charakters der Anlage wurden die Gräberfelder unter weitgehender Wahrung der gewachsenen Waldstruktur in unregelmäßiger Form entlang zweier Ringstraßen und mehrerer Querstraßen angeordnet. Um 1910 wurde das Gräberfeld 41 dem Künstler-Unterstützungsverein zur Grabnutzung für mittellose Künstler überlassen. Gräber für katholische Priester und Schwestern im Gräberfeld 142a mit ihren schmiedeeisernen Kreuzen prägen das Friedhofsbild südlich der Aussegnungshalle noch heute. Um dem weitläufigen Friedhofsareal im Süden einen zusätzlichen Orientierungspunkt zu geben, wurde 1932 bis 1933 die an die Kirchen des Voralpengebietes erinnernde St.-Anastasia-Kapelle erbaut. Den Entwurf lieferte der spätere Stadtbaurat Hermann Leitenstorfer (1882–1972).

Das erste muslimische Gräberfeld Deutschlands wurde 1954 im Waldfriedhof in der Sektion 271 angelegt. Die liberale jüdische Gemeinde Beth Schalom bestattet ihre Mitglieder ebenso im Waldfriedhof. Ab 1957 wurde der Waldfriedhof um etwa zwei Drittel seiner bisherigen Fläche erweitert. In diesen neuen Teil wurde 1966 der italienische Militärfriedhof verlegt, der bis dahin im Nordwesten des Areals lag. Die Gräber der deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs, die in den Münchner Lazaretten verstarben, wurden bereits ab 1960 in die an der Tischlerstraße gelegene Kriegsgräberstätte umgebettet.

Zusammen mit dem neuen Friedhofsteil umfasst der Waldfriedhof eine Fläche von 163,76 Hektar und bietet Platz für 67.500 Grabstätten – vom Mausoleum bis hin zur Wiese für die anonyme Urnenbestattung. Er ist damit die größte Friedhofsanlage Münchens und der zweitgrößte Friedhof Deutschlands.

Bilder

Eingangsfront der Aussegnungshalle, 1907
Eingangsfront der Aussegnungshalle, 1907 Das Foto zeigt einen Friedhofsaufseher im Gespräch mit einem Besucher vor der Aussegnungshalle des Waldfriedhofs. Die Aussegnungshalle wurde nach Plänen des städtischen Baudirektors Hans Grässel (1860–1939) erbaut, der neben dem Waldfriedhof auch den Ost-, West- und Nordfriedhof plante und ausführte. Auch das ehemalige Wehramt in der Winzererstraße (heute Stadtarchiv), das ehemalige Arbeitsamt in der Thalkirchener Straße und verschiedene Altenheime wurden von Grässel entworfen. Quelle: Stadtarchiv München, FS-STB-3790
Vesperkapelle an der Fürstenrieder Straße, 1910
Vesperkapelle an der Fürstenrieder Straße, 1910 Vor der von Hans Grässel geplanten Vesperkapelle beten zwei Frauen vor der marmornen Pieta im Inneren der Kapelle, die heute noch besteht und die in die Friedhofsmauer integriert wurde. Quelle: Stadtarchiv München, FS-NL-Pett2-1322 Erstellt von: Georg Pettendorfer
Gedenkhalle der Kriegsgräberanlage, 1963
Gedenkhalle der Kriegsgräberanlage, 1963 Das Bild zeigt die Gedenkhalle der Kriegsgräberanlage an der Tischlerstraße. Die hier bestatteten Soldaten, von denen fast alle im Ersten Weltkrieg gestorben waren, wurden zu Beginn der sechziger Jahre vom sogenannten Ehrenhain im Waldfriedhof hierher umgebettet. Quelle: Stadtarchiv München, FS-STB-3788 Erstellt von: Johann Meyer
Die Anastasiakapelle im Waldfriedhof, 1991
Die Anastasiakapelle im Waldfriedhof, 1991 Die Anastasiakapelle im Waldfriedhof gegenüber der Sektion 201 wurde in den Jahren 1932–1933 nach den Plänen des späteren Stadtbaurats Hermann Leitenstorfer (1886–1972) im alpenländischen Stil errichtet, wobei das Presbyterium in Stein und das Schiff in Holz erbaut ist. Von Leitenstorfer stammen unter anderem auch die Entwürfe für das „Städtische Hochhaus“ in der Blumenstraße und die Aussegnungshalle am Perlacher Forst. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0827-03-380043 Erstellt von: Margrit Behrens
Das Gräberfeld der Schwestern der katholischen Heimatmission, 2023
Das Gräberfeld der Schwestern der katholischen Heimatmission, 2023 In der Sektion 142a befinden sich neben den Gräbern der Priester der Erzdiözese München und Freising und den Mitgliedern des Metropolitankapitels die Gräber verschiedener Schwesternkongregationen, wie die der Barmherzigen Schwestern vom Mutterhaus München, der Schwestern vom Dritten Orden des Heiligen Franziskus und, wie auf dem Bild zu sehen, die der Schwestern von der katholischen Heimatmission zu München. Die Grabanlagen entstanden nach dem Ersten Weltkrieg bis Ende der 1920er Jahre, als deutlich wurde, dass die Grüfte und Gräber der genannten Institutionen im Alten Südfriedhof nicht weiter belegt werden konnten. Erstellt von: Christian Freundorfer

Ort

Fürstenrieder Straße 288, 81377 München | zugänglich

Metadaten

Manfred Heimers und Christian Freundorfer, “Der Alte Teil des Waldfriedhofs,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 21. November 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/107.