Der Walking Man an der Leopoldstraße
Monumentalskulptur oder repräsentativer „Hauseingang“?
Der Walking Man ist eine 1995 vor dem Verwaltungsgebäude des Rückversicherungsunternehmens Munich Re installierte Monumentalskulptur des US-amerikanischen Künstlers Jonathan Borofsky (geb. 1942). Die markante haushohe Skulptur stellt einen Sonderfall in der Kunst im öffentlichen Raum in München dar.
Errichtet wurde die Monumentalskulptur Walking Man 1995 an prominenter Stelle an der belebten Leopoldstraße. 17 Meter hoch und 16 Tonnen schwer, besteht sie aus weißer Glasfaser und einer Stahlgitterkonstruktion. Der Walking Man gehört zu den wenigen zeitgenössischen Skulpturen im Münchner öffentlichen Raum und setzt sich von den üblichen „Kunst am Bau“-Werken ab. In Los Angeles, USA, konstruiert, wurde die Skulptur in neun Einzelteile zerlegt und per Luftfracht nach München geschickt, wo sie Anfang August 1995 an ihrem aktuellen Standort wieder zusammengebaut und auf einem in 15 Meter Tiefe gegossenen Fundament verankert wurde. Eingeweiht wurde der Walking Man am 21. September 1995 in Anwesenheit der damaligen Führungsriege der Munich Re, des seinerzeit amtierenden Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude, des Künstlers Jonathan Borofsky und zahlreicher lokaler Honoratioren.
Die Munich Re, die eine der größten „corporate collections“, also Unternehmens-Kunstsammlungen weltweit besitzt, beauftragte mit Jonathan Borofsky einen documenta-Teilnehmer (1982 und 1993), nachdem dieser einen Kreativ-Wettbewerb des Rückversicherers gewonnen hatte. Das figurative Kunstwerk steht im Gegensatz zu der sehr geometrischen, formalen und kühlen Glas- und Stahlkonstruktion des kurz vorher fertiggestellten, neuen Hauptverwaltungsgebäudes des Unternehmens und entspricht so den damaligen Vorgaben des Unternehmens.
Auffällig sind die neutrale Form und Farbe der Skulptur, die zudem ohne spezifische Geschlechtsmerkmale auskommt. „Man“ bezeichnet im Englischen nicht nur einen erwachsenen Mann, sondern auch die Menschheit, das gesamte Menschengeschlecht. Der Titel der Skulptur Walking Man kann also genderneutral verstanden werden.
Kunst im öffentlichen Raum stammt in München oft aus dem 19. Jahrhundert und wurde an großzügig angelegten Straßen und Promenaden aufgestellt. Die verkehrsgerechte Stadtplanung ab den 1950er Jahren drängte diese auf kleine Inseln im innerstädtischen Verkehr zurück, die von der Bevölkerung gemieden werden und heute Randgruppen der Gesellschaft als Rückzugsort dienen. Der Walking Man ist ein positives, ermutigendes Beispiel dafür, dass auch im 20. und 21. Jahrhundert relevante Kunst im öffentlichen Raum möglich ist. Er wurde zu einem „transformativen Element“, das eine Stadt für seine Bürger:innen attraktiv macht und sogar Kulturtourist:innen anzuziehen vermag. Der Walking Man gehört mittlerweile zum Gesicht Münchens und wurde zu einem Wahrzeichen der Münchner Kunstlandschaft. Als freundlicher Riese repräsentiert der Walking Man das Image und Selbstverständnis der Munich Re als Weltunternehmen und ökonomische Macht und bereichert die Stadt München als Kunststadt.