Das Herzog-Max-Palais
Ein Abriss zugunsten der „Hauptstadt der Deutschen Kunst“
Was wäre das für ein Pilgerort für Sisi-Fans aus aller Welt: Im Herzog-Max-Palais in der Ludwigstraße 13 erblickte die Tochter von Herzog Maximilian in Bayern (1808–1888) und seiner Frau Ludovica (1808–1892), einer Schwester von König Ludwig I., an Heiligabend 1837 das Licht der Welt. Sisi, eigentlich Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern (1837–1898), die spätere Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, wuchs hier in einem schlossähnlichen Palast auf, der an Größe und klassizistischem Prunk in München nur von der Residenz übertroffen wurde. Doch heute ist das Palais längst Geschichte – abgerissen 1937/38.
Adolf Hitler war für die geplanten Aufmärsche zum „Haus der Deutschen Kunst“ die damals viel zu schmale Von-der-Tann-Straße ein Dorn im Auge, weshalb er das Palais abreißen ließ. Der damalige Eigentümer des Palastbaus, Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern (1884–1968), wurde unter Druck gesetzt, das Kaufangebot der Reichsbank zu akzeptieren und in nur drei Wochen das Palais leerzuräumen. Am 14. Juni 1937 verkaufte er – kurz vor seiner Flucht in die USA.
Noch im selben Jahr ließ der spätere Wiederaufbau-Architekt Hans Döllgast (Alte Pinakothek, St. Bonifaz, Residenz, Würzburger Dom) die herrlichen Innenräume dokumentieren, um zumindest das Andenken dieser verlorenen Pracht zu bewahren. Und Fritz Gablonsky von der Obersten Baubehörde überreichte Hitler sogar persönlich seine schriftlichen Bedenken (nebst Fotos) gegen den Abriss des prachtvollen Palais – vergeblich. Ende März 1938 war der Abriss vollendet. Was damit verloren war, waren die repräsentativsten Raumfluchten des Klassizismus Leo von Klenzes in München. So etwa der Große Speisesaal mit Kassettendecke und einem 44 Meter langen Relieffries von Ludwig von Schwanthaler, der noch prunkvollere, zweistöckige Ballsaal, der Empfangssalon mit seinen monumentalen Fresken, der Stuckmarmor, das prächtige Parkett, die vielen Malereien und kunstvoll geschnitzten Decken und Türen in allen Räumen. Auch ein zeltartiger Theatersaal, eine Hauskapelle, Wirtschaftsgebäude sowie Stallungen wurden in nur wenigen Monaten zerstört.
Dennoch hat sich ein wenig vom alten Palais erhalten. Das Meiste davon befindet sich im 1938 begonnenen Reichsbankgebäude an gleicher Stelle, das nach dem Krieg von der Landeszentralbank Bayern und dem Architekten Prof. Carl Sattler bis 1951 vollendet wurde. Das wertvollste Relikt hängt dort in der gewölbten Eingangshalle des Bankgebäudes – das Bacchus-Relief von Ludwig von Schwanthaler, das fast komplett erhalten ist – oder auch die von Klenze konzipierten und vor dem Abriss ausgebauten Intarsien-Parkettböden, die im Großen Sitzungssaal, in Vorstandsräumen, mehreren Diensträumen, im Präsidentenzimmer oder im kleinen Sitzungssaal Verwendung gefunden haben und so erhalten geblieben sind. Auch die vier monumentalen Fresken von Robert Langer haben den Abbruch des Palais überlebt. Vor dem Abriss bewahrt hatte sie der zuständige Baudirektor der Reichsbank Heinrich Wolff, der jedes der Monumentalfresken (2,5 mal 5 Meter) – einschließlich Mörtelschicht wog so ein Fresko etwa 10 Zentner – ausbauen ließ. Eingebaut wurden sie ausgerechnet in den Sitzungssaal im „Haus des Deutschen Rechts“ in der Ludwigstraße, das 1939 eingeweiht wurde. Dort gerieten sie dann allerdings erst in Vergessenheit, wurden teils übermalt und erst 1992/93 restauriert.
Immerhin, auch der Kaulbach-Zyklus aus dem Ballsaal ist erhalten – in der Musikalienabteilung der Staatsbibliothek – ansonsten nichts. Heute erinnern nur noch eine unauffällige Bronze- und eine nichtssagende Infotafel an Sisi und an das vormalige Pracht-Palais. Nein, wahrlich kein guter Ort für Sisi-Fans aus aller Welt.