Die Galerie Heinemann
Münchener Kunsthandlung und Ausstellungshaus mit internationaler Strahlkraft
Ein Höhepunkt in der Geschichte der Galerie Heinemann war die Fertigstellung ihres imposanten Galeriegebäudes im Jahre 1904. Für Entwurf und Ausführung hatte die Kunsthändlerfamilie den renommierten Architekten Emanuel von Seidl (1856–1919) gewonnen. Mit dem noch am Lenbachplatz bestehenden Gebäude – bei dem heute allerdings nichts mehr an seine ursprüngliche Funktion erinnert – schuf er sowohl in den Dimensionen als auch durch die zweckmäßige Ausstattung einen der bedeutendsten Kunststandorte im damaligen München. Neben dem Handel mit Gemälden machte sich Heinemann auch als Ausstellungshaus einen weitreichenden Namen.
1872 von David Heinemann (1819–1902) gegründet, zählte die Galerie Heinemann bis zu ihrer 1938 erfolgten „Arisierung“ zu den bedeutendsten Kunsthandlungen Deutschlands. Der Münchener Hauptsitz der Kunsthandlung befand sich ursprünglich am Promenadeplatz, später wurde er in die Prinzregentenstraße 2 verlegt – bis zum Umzug in das eigene repräsentative Palais ins renommierte Galerienviertel Münchens. Damit begann die Blütezeit der Kunsthandlung, die auch Dependancen in Frankfurt am Main, Nizza und New York unterhielt.
Mit dem neuen Firmensitz konnte Heinemann seine internationale Klientel, die von Tokio bis Seattle reichte, noch besser bedienen. Denn ausländische Kundschaft war eine Hauptzielgruppe, vor allem aus Amerika. Gehandelt wurde vorrangig mit deutscher Kunst des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, insbesondere mit der sogenannten „Münchner Schule“. Im Zeitraum von 1890 bis 1939 registrierten die Karteien und Geschäftsbücher des Unternehmens, die heute im Deutschen Kunstarchiv in Nürnberg verwahrt werden, insgesamt rund 43.000 Gemälde.
Doch nicht nur der reine Verkauf stand im Vordergrund: Das Gebäude war ebenso eine Kunstgalerie mit einem regen Ausstellungsbetrieb und einer intensiven Katalogproduktion. Zwischen 1880 und 1935 fanden etwa 300 Präsentationen statt, die in 12 Sälen und Kabinetten gezeigt wurden. Diese reichten von kleineren Räumen mit – wie es hieß – „gewöhnlichen“ Verhältnissen und farbiger Wandbespannung bis hin zu imposanten musealen Oberlichtsälen, die zu den größten ihrer Art in der Stadt zählten. Der Ausstellungsbetrieb war das Markenzeichen der Galerie, die auf ein stimmiges Gesamtprogramm, die Erstellung von kunsthistorischen Konzepten durch spezialisierte Fachleute, die richtige Werkauswahl und eine vorteilhafte Hängung achtete. Schon 1904 – also erstaunlich früh – liest man von regelrecht kuratierten Ausstellungen. Die Galerie fungierte also nicht nur als Ort des Kunsthandels, sondern erhob zugleich einen programmatischen Anspruch. Kein Wunder, dass die Presse die Galerie Heinemann in einem Atemzuge mit den Münchener Museen, dem Kunstverein, dem Glaspalast oder der Secession erwähnte.
Die florierende Galerie war ein familiär geführtes Unternehmen: 1890 übernahmen die Söhne des Gründers David Heinemann die Galerie. Hermann (1857–1920) und Theobald (1860–1929) leiteten die Münchener Geschäfte, der älteste Bruder Theodor (1855–1933) stand bis 1914 der New Yorker Dependance vor. Nach dem Tod Theobalds 1929 führte seine Witwe Franziska Heinemann (1882–1940) gemeinsam mit ihrem Sohn Fritz (1905–1983) die Geschäfte. Bereits im Januar 1938 war letzterer aus dem elterlichen Kunsthandel ausgeschieden und im Mai desselben Jahres in die Schweiz emigriert. Seine Mutter Franziska reiste im Februar 1939 in die USA aus, wo sie im November 1940 verstarb.
1938 hatte das nationalsozialistische Regime der „jüdischen“ Galerie ein Ende gesetzt. Sie hatte länger als die meisten der als „jüdisch“ diskriminierten Kunsthandlungen Handel betreiben können, da sie wertvolle Devisen erwirtschaftete. Das Geschäft vieler dieser Galerien war seit 1933 zunehmend beeinträchtigt und erschwert worden; die Eigentümer wurden sukzessive verdrängt, ihr Besitz verfolgungsbedingt entzogen. Die Reichspogromnacht im November 1938 bedeutete schließlich auch das Aus für Heinemann – sie wurde „arisiert“. Die Geschäfte übernahm der langjährige Mitarbeiter Friedrich Heinrich Zinckgraf (1878–1954). Mit der Umbenennung in „Galerie am Lenbachplatz“ im Jahre 1941 war dann auch ihr Name aus dem Stadtbild Münchens verschwunden.
Nach dem Krieg konnte Zinckgraf unverändert am Lenbachplatz weiter Handel betreiben. Am 8. Oktober 1954 – nach seinem Tod – wurde schließlich alles versteigert, sowohl die Handelsware als auch das Inventar. Es war das endgültige Ende einer der bedeutendsten Galerien Münchens. Das Gebäude blieb bestehen, doch kein Hinweis erinnert heute mehr an seine Geschichte.