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Die Pagodenburg im Schlosspark Nymphenburg

China-Mode am barocken Hofe und architektonisches Vorbild

Die Pagodenburg ist eine der vier Parkburgen in der Schlossanlage Nymphenburg. 1716 bis 1719 im Auftrag Kurfürst Max Emanuels von Bayern (1662–1726) durch Joseph Effner (1687–1745) errichtet, weist ihr Name auf die im Inneren zu findenden Chinoiserien hin.

Der charmante zweigeschossige Außenbau orientiert sich an einem französischen Barockklassizismus, der sich als Lustbau eine ungewöhnliche Gestaltung wie überdimensionierte Kolossalpilaster erlaubt. Der achteckige Grundriss mit vier auf den Kreuzachsen angesetzten, kurzen Armen stellt eine Seltenheit dar. In der vormals barocken Gestaltung des Gartens bildete die Pagodenburg den Anfang für die Bahn des Paille-Maille-Spiels (Vorgänger des Croquets). Nach dem Spiel konnte sich die Hofgesellschaft innen ausruhen und vergnügen. 

Im durch Rotterdamer Kacheln verkleideten ebenerdigen Salettl wurde gespeist. Dort sind die Wände mit fantasievollen Chinadarstellungen ausgemalt. Die Küche befand sich östlich in einem Nebengebäude. Das Obergeschoss aus einem Vorzimmer mit Lackarbeiten und chinesischen Papiertapeten, einem Schlafzimmer mit teilvergoldeten Wandvertäfelungen im Régence-Stil und einem roten Kabinett ist von außergewöhnlicher künstlerischer Feinheit und Intimität. Nur wenigen Personen dürfte es zugänglich gewesen sein.

Der einzigartige Bautypus fand Nachfolger in der Pagodenburg in Rastatt und Schloss Clemenswerth in Sögel, welches Max Emanuels Sohn Clemens August von Bayern (1700–1761) als Fürstbischof von Münster errichtete.

Bilder

Pagodenburg, Südseite, 20. Jahrhundert
Pagodenburg, Südseite, 20. Jahrhundert Der Außenbau der Pagodenburg erfuhr bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Renovierungen und Restaurierungen, bei denen u. a. die Rocaille-Agraffen auf den Archivolten dazukamen. Im frühen 19. Jahrhundert verlor die Pagodenburg ihre die Attika abschließenden Ziervasen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-02-449899 Erstellt von: Anthony Frank Kersting
Pagodenburg, Grundriss des Erd- und Obergeschosses (spiegelverkehrt), Kupferstich, 18. Jahrhundert
Pagodenburg, Grundriss des Erd- und Obergeschosses (spiegelverkehrt), Kupferstich, 18. Jahrhundert Einer Legende nach soll der achteckige Grundriss mit den vier Armen eine Idee Kurfürst Max Emanuels gewesen sein. Tatsächlich dürfte sich Effner schlicht am Entwurf seines Lehrers Germain Boffrand (1667–1754) für den Pavillon Bouchefort bei Brüssel bedient haben. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-01-352729
Pagodenburg im barocken Garten, Kupferstich, Mathias Diesel, 1720er Jahre
Pagodenburg im barocken Garten, Kupferstich, Mathias Diesel, 1720er Jahre Die Pagodenburg war Ausgangspunkt einer symmetrisch gestalteten Gartenpartie mit Bassin, Fontänen und hohen beschnittenen Hecken. Von diesem großen Boskett ausgehend liefen je drei Alleen Richtung Schloss im Osten und drei nach Westen Richtung freier Landschaft und Schloss Blutenburg. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-02-Th156696 Erstellt von: Carl Remshart
Pagodenburg, achteckiges Salettl im Erdgeschoss, Blick nach Norden, 20. Jahrhundert
Pagodenburg, achteckiges Salettl im Erdgeschoss, Blick nach Norden, 20. Jahrhundert Weiß-blaue Kacheln in hochrechteckigen Wand- und trapezoiden Zwickelfeldern geben einen leichten und freundlichen Raumeindruck. Ergänzt werden sie durch ursprünglich von Johann Anton Gumpp (1654–1719) ausgeführten, mehrfach erneuerten Malereien chinesischer Fantasieszenen sowie an den Decken von Venus, Bacchus und den vier Erdteilen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-331788 Erstellt von: Hub. Häusler
Pagodenburg, achteckiges Salettl im Erdgeschoss, Blick nach Nordwesten, 1954
Pagodenburg, achteckiges Salettl im Erdgeschoss, Blick nach Nordwesten, 1954 Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-447839 Erstellt von: Helga Schmidt-Glassner
Pagodenburg, Schlafzimmer im Obergeschoss, Blick nach Osten, Fotografie um 1900
Pagodenburg, Schlafzimmer im Obergeschoss, Blick nach Osten, Fotografie um 1900 Die Pagodenburg ist eines der ersten eigenständigen Werke Joseph Effners. Die Wandvertäfelungen sowie das Versailler Tafelparkett zeugen von seiner französischen Ausbildung im Stile der Régence. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-325244
Pagodenburg, Schlafzimmer im Obergeschoss, Blick in die nördliche Ruhenische, Fotografie um 1900
Pagodenburg, Schlafzimmer im Obergeschoss, Blick in die nördliche Ruhenische, Fotografie um 1900 Von zwei geschnitzten Pilastern gerahmt stehen zwei zu einem Bett verbindbare Ruhebänke in einer Art Alkoven. Der intime Raum ist in einem exquisiten rot-grünen Genueser Samtbrokat auf Silbergrund ausgeführt (mittlerweile erneuert). Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-325246
Pagodenburg, Vorzimmer im Obergeschoss, Blick nach Nordosten ins Kabinett, Aufnahme um 1920
Pagodenburg, Vorzimmer im Obergeschoss, Blick nach Nordosten ins Kabinett, Aufnahme um 1920 Die zwei Kommoden mit japanischem Lackdekor und feuervergoldeten Bronzebeschlägen stammen aus Paris und sind bauzeitlich entstanden. Gemeinsam mit einem Spieltisch tragen sie zu einer exotischen, aber auch vergnügten Atmosphäre des Raumes bei. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-325242
Pagodenburg, Vorzimmer im Obergeschoss, Blick nach Osten<br />
Aufnahme aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Pagodenburg, Vorzimmer im Obergeschoss, Blick nach Osten
Aufnahme aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die Holzflächen im gesamten Vorzimmer wurden in Lackmalerei gefasst. Die farbigen Szenen und Pflanzen- und Tierdarstellungen heben sich vor dem schwarzen Hintergrund kraftvoll ab. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-200075
Pagodenburg, Kabinett im Obergeschoss, Blick nach Nordosten<br />
Aufnahme aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Pagodenburg, Kabinett im Obergeschoss, Blick nach Nordosten
Aufnahme aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die rote Lackmalerei des Raumes wird gut ein Jahrzehnt später im Miniaturenkabinett der Reichen Zimmer der Münchner Residenz wiederaufgegriffen. In diesem kleinsten Raum der Pagodenburg bestimmen die Papiertapeten den Raumeindruck besonders. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek/Sammlungen, ZI-0972-01-03-350322 Erstellt von: Dr. A. Schlegel

Ort

Schloßpark Nymphenburg

Metadaten

Neven Denhauser, “Die Pagodenburg im Schlosspark Nymphenburg,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 11. Dezember 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/284.