Museum Brandhorst: Künstlerische Freiheit während des Kalten Kriegs
Anlässlich der Ausstellung „Fünf Freunde. John Cage, Merce Cunningham, Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Cy Twombly“ im Museum Brandhorst (10. April – 17. August 2025)

Die bildenden Künstler Jasper Johns (*1930), Robert Rauschenberg (1925–2008) und Cy Twombly (1928–2011) lebten in einer Zeit, die stark von der Atmosphäre des Kalten Kriegs geprägt war. Dieses repressive Klima beeinflusste ihr künstlerisches Schaffen und nicht zuletzt auch ihre privaten Beziehungen. Ihre Werke spiegeln das politische Zeitgeschehen dieser Zeit wider, als der Begriff „Freiheit“ ein umkämpfter Begriff war.
So gehören zu Jasper Johns berühmtesten Arbeiten die Appropriationen der amerikanischen Flagge und der Zielscheiben, die gleichzeitig subtil wie offensichtlich auf die Staatsräson und das Militärwesen verweisen. In seinem Werk Flag on Orange Field (1957) bildet Johns die in den USA allgegenwärtige ‚Stars and Stripes‘-Flagge vor einem orangefarbenen Hintergrund ab. Diese ist in ihrer Bedeutungsfülle unkontrollierbar und zugleich plakativ und hintergründig. Ist es eine Flagge oder ein Gemälde? Darüber hinaus ist sie ein Sinnbild für die amerikanische Einflussnahme dieser Zeit. Die politischen Spannungen während des Kalten Krieges wurzelten in grundlegend unterschiedlichen Ideologien: Während die westlichen Mächte für eine freiheitlich-kapitalistische Demokratie standen, war die UdSSR kommunistisch organisiert. Der Konflikt durchdrang alle Bereiche der öffentlichen wie privaten Sphäre und erzeugte in den USA ein Klima der Anpassung und Angst.
Auch Robert Rauschenberg bezieht sich in seinem monumentalen Werk Axle (1964) auf das damalige Zeitgeschehen und pflegte einen geradezu obsessiven Umgang mit amerikanischen (Macht-) Symbolen. Das zeigt sich in etwa in Darstellungen eines Astronauten mit Fallschirm und die Freiheitsstatue. Besonders augenfällig: Die gleich zweifach abgebildete und teils übermalte Fotografie von US-Präsident John F. Kennedy. Das Werk entstand nur wenige Monate nach dessen Ermordung. Die Motive sind so über die großformatige Leinwand verstreut, dass sich eine flirrende Gleichzeitigkeit des Zeitgeschehens ergibt.
Der Kalte Krieg äußerte sich letztlich auch durch den Weltlauf ins All, das sogenannte ‚Space Race‘, wurde zu einem zentralen Politikum. Ende der 1960er-Jahre fertigte Twombly einige Werke mit kosmischen Themen an. Mit seinem Werk Orion III (New York City) (1968) nimmt Twombly Bezug auf eine NASA-Studie: „Project Orion“ war der Name eines nuklearen Triebwerks, das eine Rakete mithilfe mehrerer Sprengungen ins All schießen sollte. Die Kreise auf dem Bild markieren die Anschubmomente, die durch die atomaren Sprengungen entstehen. Twomblys Antikenbezug – das Sternbild Orion ist nach einem Jäger der griechischen Mythologie benannt – erscheint in diesem Zusammenhang als eine Auseinandersetzung mit dem US-amerikanisch-sowjetischen Wettrüsten.
Wie prägend das Zeitgeschehen für Johns, Rauschenberg und Twombly war, wird in ihrer Bildsprache deutlich. Die Bezugnahme auf Machtsymbole, wie die amerikanische ‚Stars and Stripes‘ - Flagge (Jasper Johns) oder die Referenz auf die Freiheitsstatue (Robert Rauschenberg) stehen sinnbildlich für die politischen Spannungen des Kalten Krieges, der sich bis hin in das Weltall ausdehnte, worauf Twomblys Werk „Orion III (New York City)“ verweist. Das künstlerische Schaffen der drei Künstler entstand im Spannungsfeld von Repression und Ideologie und resultierte nicht zuletzt aus den Möglichkeiten künstlerischer Freiheit.
Bilder



© Cy Twombly Foundation Erstellt von: Haydar Koyupinar, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Museum Brandhorst, München