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Das Frauenhaus

Die Stadt als Zuhälter

Um „vil ybels an frawen und jungkfrawen“ zu verhindern, errichtete die Stadt München ein Bordell in dem zwölf „gemeine Dochterlein“ der Sex-Arbeit nachgingen. Mit der Ausbreitung der Syphilis wurde das Haus 1498 zum Ansteckungs-Hotspot und musste von Soldaten bewacht werden.

Der frühere Standort des Münchner Frauenhauses wirkt heute alles andere als verrucht. Wer vor der St.-Willibrord-Kirche steht und zur Hauptfeuerwache gegenüber blickt, nimmt vor allem den Verkehr auf dem Altstadtring hinter sich wahr – früher verlief dort die Stadtmauer. Wo heute der Altstadtring zum Roßmarkt abzweigt, floss einst der Glockenbach durch den Heu-Turm in die Stadt, direkt an einer Mühle vorbei. Rechts neben der Mühle, etwa am linken Eck der heutigen Feuerwache, befand sich das Frauenhaus. Müller galten damals als unehrlich, ebenso wie der Scharfrichter, der ganz in der Nähe wohnte. Wir befinden uns also im „schlechten“ Teil der Stadt.

1433 wurde das Frauenhaus auf Initiative der Herzöge Ernst und Wilhelm für die „gemeinen Dochterlein“ errichtet – aus Schutzinteresse gegenüber den bürgerlichen Frauen, „daz dadurch vil ybels an frawen und jungkfrawen“ verhindert werde. Zwölf Kammern standen für das Gewerbe bereit, der Beischlaf kostete zwei Pfennig. In zwei geheizten Stuben konnte man Karten spielen und trinken.

Während der Syphilis-Epidemie 1498 stürmten empörte Kunden das Haus und wollten den Frauenmeister lynchen. 35 Soldaten schützten das Gebäude daraufhin wochenlang.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Frauenhaus schließlich geschlossen – die letzten Frauen wechselten ins Kloster.

Bilder

Das Frauenhaus, Sandtner, um 1570
Das Frauenhaus, Sandtner, um 1570 Vermutlich um das Frauenhaus zu stigmatisieren, wurde es auf dem Stadtmodell von Jakob Sandtner schwarz eingefärbt. Allerdings ist unklar, zu welchem Zeitpunkt diese Einfärbung erfolgte. Quelle: Jakob Sandtner, Modell der Stadt München, um 1570, Bayerisches Nationalmuseum, Inv. Nr. Modell 1
Das Frauenhaus, Volckmer, 1613
Das Frauenhaus, Volckmer, 1613 Auf der bearbeiteten Stadtansicht von München ist gut die Lage des Frauenhauses neben dem Zufluss des Glockenbachs durch den Heu-Turm zu erkennen. Wegen der dortigen Mühle hieß die heutige Straße „An der Hauptfeuerwache“ früher „Mühlgasse“. Quelle: Tobias Volkmer d. J.: Monachivm Bavariae, 1613
Das Frauenhaus, Paur, 1705
Das Frauenhaus, Paur, 1705 Der niedrige soziale Rang der Gegend zwischen Sendlinger Tor (Nr. 37) und Anger Tor (Nr. 36) zeigt, dass hier nicht nur das Frauenhaus und eine Mühle waren – in den Häusern zwischen Stadtmauer und Häuserblock oberhalb des Heu-Turms lebte der Scharfrichter. Quelle: Matthias Paur: Kurfürstliche Haupt- und Residenzstadt, 1705
Das Frauenhaus, Uraufnahme, 1809
Das Frauenhaus, Uraufnahme, 1809 Nach der Auflösung des Frauenhauses diente das Gebäude später zeitweise als Krankenhaus und damit als Vorläufer des 1742 errichteten Nockher-Krankenhauses. Diese private Stiftung befand sich zwischen heutigem Roßmarkt und Oberanger. Quelle: Steuervermessungskommission Bayern, Uraufnahme Ortsblatt München, 1809

Ort

48.132563281726654, 11.568988530770687 (An d. Hauptfeuerwache 8, 80331 München – Standort gegenüber vor Willibrord-Kirche)

Metadaten

Frieder Leipold/ARCHIATER, “Das Frauenhaus,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 13. Mai 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/242.