Die neue Matthäuskirche
Der kühne Neubau der ersten evangelischen Kirche Münchens
Die Kirche am Sendlinger-Tor-Platz mit ihren organisch schwingenden Formen, bei denen zunächst nur der Glockenturm deutlich macht, dass es sich um einen Sakralbau handelt, ist der Nachfolger der ersten evangelischen Kirche Münchens, die in den 1930er Jahren abgerissen wurde. Der Bau gehört zu den architektonisch markantesten Arbeiten des Architekten Gustav Gsaenger und ist einer der ersten modernen Kirchenbauten Münchens.
Noch während die alte Matthäuskirche an der Sonnenstraße in der Nähe des Karlsplatzes vom NS-Regime Ende Juni 1938 abgerissen wurde, beauftragte man den Münchner Architekt German Bestelmeyer (1874–1942), Pläne für einen Neubau zu entwerfen. Er hatte erst 5 Jahre zuvor die Restaurierungsarbeiten zur alten Kirche geleitet. Der Bauplatz am Sendlinger Tor wurde dafür bereits im Oktober 1938 genehmigt, woraufhin die Gemeinde ihren Bauplatz an der Sonnenstraße gegen den am Nußbaumpark tauschte. Das Bauvorhaben sollte sich jedoch noch einige Jahre verzögern aufgrund des Krieges.
Nach dem Zweiten Weltkrieg forderten die Gläubigen den Wiederaufbau der Matthäuskirche. Im März 1947 wurde eine Notkirche für die Gemeinde St. Matthäus eingeweiht. Nachdem die Finanzierung geklärt werden konnte, wurde 1951 ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Obwohl er im Wettbewerb lediglich den zweiten Platz belegte, wurde der Münchner Architekt Gustav Gsaenger (1900–1989) mit dem Bau beauftragt. Gsaenger, der unter anderem bei Bestelmeyer in München studiert hatte, war dabei, sich auf evangelische Kirchenbauten zu spezialisieren. Der Bau der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche St. Matthäus, der von 1953 bis 1955 nach seinen Plänen errichtet wurde, war ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg.
Er bediente sich bei diesem Projekt einer dezidiert neuen Architektursprache. Während Bestelmeyers (nicht ausgeführter) Entwurf von 1939 den querovalen Grundriss des Zentralraums der alten Matthäuskirche gegen einen kreisrunden ersetzt hatte, erweiterte Gsaenger den geschwungenen Zentralraum in Richtung Osten, während er nach Westen breiter wird. Laut Gsaenger sollte das Gebäude sowohl die Formen der Stadt aufnehmen als auch den Raum des protestantischen Glaubens symbolisieren. So korrespondiert beispielsweise der runde Chor – sowohl im Grundriss als in der Dachform – mit der Bogenform des Sendlinger Tors auf der Ostseite des Sendlinger-Tor-Platzes. Das Gebäude sollte gleichzeitig auch Gemeindezentrum sein, weshalb sich zu den Seiten des Zentralraums unter anderem der Gemeindesaal und Sitzungsräume befinden. Die Kirche und die Gemeinderäume überschneiden sich sowohl im Grundriss als auch im Aufriss und sollen somit die Offenheit und die große Bedeutung der Gemeinschaft im evangelischen Glauben versinnbildlichen. Die organisch geschwungene Form der neuen Matthäuskirche wurde intensiv diskutiert und erhielt Spitznamen wie z.B. Gottes Achterbahn. Als Bischofskirche ist sie auch Predigtstätte des Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern.