Die Galerie Norbert Fischmann
Einblicke in eine weitestgehend „unsichtbar“ gewordene Unternehmensgeschichte
Knapp ein halbes Jahrhundert wurde die mehrmals umbenannte Galerie Norbert Fischmann in München, Luzern und London von Norbert und Olga Fischmann sowie ihren Kindern betrieben. Im Verlauf der Geschäftsjahre konnte sich diese durch ein hohes Engagement einen internationalen Kundenstamm erarbeiten.
1879 in Galizien (das mit dem Ende des Ersten Weltkrieges Teil von Polen wurde) geboren, ging Norbert Fischmann (gestorben 1956) im Alter von 17 Jahren nach Wien, um dort eine Ausbildung zum Antiquitätenhändler zu beginnen. Doch die Hauptstadt der damaligen Österreichischen Monarchie blieb nicht die letzte Station.
Fischmann verlegte um die Jahrhundertwende seinen Wohnsitz nach München, wo er 1909 zusammen mit seiner Frau Olga Fischmann (1883–1971), nach anderen kurzlebigen Unternehmensgründungen, die Kunst- und Antiquitätenhandlung Fischmann & Co. in der Karlstraße 35 mitbegründete. Bereits einige Jahre später war er der alleinige Inhaber.
Während zum ersten Jahrzehnt der Firmengeschichte nur wenig Quellen bekannt sind, ändert sich dies um 1920. Die Kunsthandlung wuchs nun stetig und wurde in nationalen sowie internationalen Sammler- bzw. Sammlerinnen- und Händler- bzw. Händlerinnenkreisen bekannt. Korrespondenzen beschreiben, dass Norbert Fischmann eine Vielzahl an Geschäftsreisen tätigte, um Kundschaften auf Kaufangebote aufmerksam zu machen, Kunstobjekte direkt vorlegen zu können und Kontakte zu pflegen. Zum Kundenstamm zählten beispielsweise die Kunsthandlung Julius Böhler in München, die Colnaghi Art Gallery in London und die John Levy Galleries in New York. Außerdem wurde eine rege Anzeigenschaltung unter anderem in der Zeitschrift „Der Kunstwanderer“ oder im britischen „The Burlington Magazine“ betrieben. 1924/1925 erfolgte die Verlegung der Geschäftsräume in das etablierte Münchner Kunsthandelsviertel – in die Brienner Straße 50b. Das Angebot der Kunsthandlung wurde stetig auf Gemälde Alter Meister und Skulpturen spezialisiert.
Im Laufe der 1930er Jahre wurden Norbert Fischmann und seine Familie Opfer der Verfolgungs- und Verdrängungsmaßnahmen des NS-Regimes. Die rassische Weltanschauung des NS-Regimes stufte Norbert und Olga Fischmann als „jüdisch“ ein, obwohl diese bereits 1923 ihre Religionszugehörigkeit abgelegt hatten und folglich konfessionslos waren. Ein Rundschreiben des Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste aus dem August 1935 verwehrte Fischmann, wie allen anderen „jüdischen“ Kunsthändlern und -händlerinnen in München, die weitere Ausübung des Berufes. Ab demselben Jahr wurde Norbert Fischmann dauerhaft in London sesshaft. Seine Familie emigrierte in den darauffolgenden Jahren.
Bereits während der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden Anstrengungen unternommen, die Kunsthandlung in Großbritannien weiterzuführen. Ein Schritt, der viel Arbeit benötigte, da für die Geschäftswaren keine Ausfuhrgenehmigung bewilligt wurde. Der schwierige Wiederaufbau wurde jedoch in mancherlei Hinsicht dadurch erleichtert, dass Fischmann bereits in den vorhergehenden Jahrzehnten Anstrengungen unternommen hat, Geschäftsbeziehungen und -kontakte durch Korrespondenzen sowie Geschäftsreisen in der britischen Hauptstadt zu pflegen. Die nun in Norbert Fischman Gallery umbenannte Kunsthandlung wurde nach dem Tod Norbert Fischmanns im Jahr 1956 von Olga Fischmann und einer der gemeinsamen Töchter bis Ende der 1960er Jahre weitergeführt.
Nach dem Tod der Inhaber Norbert und Olga Fischmann sowie der Schließung des Betriebs ist die Geschichte der Galerie Norbert Fischmann weitestgehend „unsichtbar“ geworden. Insbesondere in den letzten Jahren wurde der Versuch unternommen, die Lebens- und Unternehmensgeschichte der Fischmanns und ihrer Kunsthandlung zu rekonstruieren.