Der Alte Nördliche Friedhof wurde gegen Widerstände aus der Bevölkerung 1868 eröffnet und bereits 71 Jahre später wieder geschlossen. Heute ist der nach dem Vorbild eines Campo Santo errichtete „Leichenacker“ als grüne Lunge der belebten Maxvorstadt beliebt. Es lassen sich zahlreiche Vogelarten und Eichhörnchen beobachten, er lädt zum Spazierengehen, zum Joggen oder zum Verweilen auf den Bänken ein. Der sogenannte Alte Nordfriedhof ist nicht zu verwechseln mit dem Nordfriedhof an der Ungererstraße, der 1884 errichtet wurde.
Als sich Anfang des 19. Jahrhunderts der heutige Alte Südfriedhof langsam füllte, wurde am Nordwestrand der Maxvorstadt der (heute Alte) Nördliche Friedhof als neuer städtischer bikonfessioneller „Leichenacker“ geplant. Obwohl die Bevölkerung „Sanitäre Nachtheile“ für Luft und Grundwasser befürchtete, wurde der Friedhof schließlich ab 1866 von Arnold von Zenetti (1824–1891) mit Aussegnungshalle und Arkaden im neuromanischen Stil auf einer Fläche von 4,47 Hektar angelegt. Insgesamt 16 Felder boten Platz für 7.272 Gräber und 30 Grüfte in den Arkaden. Drei (früher vier) Brunnen an den Umfassungsmauern zeigen Marmorreliefs mit Auferstehungsmotiven.
Am 5. Oktober 1868 wurde der Friedhof morgens durch den katholischen Erzbischof, nachmittags durch den evangelischen Dekan und abends mit einem ersten Begräbnis eingeweiht. In Benutzung war er allerdings nur 71 Jahre: In einer Geheimaktion im Juli 1939 wurde der Bestattungsbetrieb über Nacht eingestellt, mit der Absicht, Luisen- und Isabellastraße durch eine Prachtstraße zu verbinden. Das plötzliche und überraschende Ende des Friedhofs führte zu vielen erregten Einsprüchen von Familienmitgliedern, die bei ihren Ehepartnern, Kindern oder Eltern in ihren Familiengrablegen beerdigt werden wollten, immerhin hatten einige Gräber bis in die 1990er Jahre Nutzungsrechte. Mehrere Grabstätten, z.B. Oldenbourg (M-re-49/51), Montgelas (M-li-67/69) und Thieme (Ark. 6), wurden daraufhin umgebettet. Bis 1943 fanden durch ein „Entgegenkommen der Stadt“ noch Beisetzungen in Familiengräbern statt.
Im Zweiten Weltkrieg beschädigten Bombentreffer die Aussegnungshalle und die Arkaden schwer, der Friedhof verfiel zur Weidestätte für Tiere. Hans Döllgast (1891–1974, auch bekannt für die Rekonstruktion der Alten Pinakothek) setzte ab 1955 die linke Arkadenhalle instand, der Friedhofsbetrieb wurde aber nicht wiederaufgenommen. Nach erneuten, jedoch wieder nicht erfolgreichen Bestrebungen, Luisen- und Isabellastraße zu verbinden, errichtete man 1960 auf dem Areal der ehemaligen Aussegnungshalle einen Spielplatz. Seit 1989 ist der Friedhof nach dem bayerischen Naturschutzgesetz als Landschaftsbestandteil geschützt. Die Kirche St. Joseph ist später entstanden und unabhängig vom Friedhof.
Während insgesamt ca. 62.000 Menschen dort beerdigt wurden, sind heute nur noch etwa 700 Gräber erkennbar. Ein bewegendes Denkmal markiert das Grab von Michael Wagmüller (1839–1881, 9-15-4/5). Ein Friedensengel (hier als Todesengel) hält die Gedenktafel mit den Namen der Verstorbenen in der linken Hand und bildet damit gleichzeitig einem soeben entschlafenen Kleinkind eine Nische, die es bewahrt, von dem mit Sphingen verzierten Sarkophag herunterzufallen. In der rechten Hand hält der Engel einen Palmwedel als Symbol des ewigen Lebens (also des Sieges über den Tod). Dieses Monument schuf Wagmüller für seine beiden im Kindesalter verstorbenen Töchter. Er wurde dafür auf der Pariser Weltausstellung 1878 mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet.
An der linken Mauer (M-li-99, zur Zieblandstraße) befindet sich das Grabmal des Dichters Hermann von Lingg (1820–1905). Ein Relief des Bildhauers Georg Schwessinger (1874–1914) zeigt die Sage des Sängers Orpheus, der seine geliebte Eurydike aus dem Totenreich zurückholen darf – und an seiner eigenen Neugier scheitert.
Die Ruhestätte der Familien Lodter und Schneider, 1896 von Heinrich Waderé (1865–1950) geschaffen, zeigt gleich mehrere der damals beliebten Motive der Sepulkralikonografie: eine Trauernde (Memoria) beugt sich über ein Buch (Buch des Lebens). Im Hintergrund sind die Pyramiden von Gizeh und eine Sphinx (Antikenverehrung) im Relief zu erkennen.
Weitere interessante Gräber: Ludwig von der Tann-Rathsamhausen (Ark. 3), Lucille Grahn-Yahn (Ark. 5), Gottfried von Neureuther (M-li-10/11), Georg von Krauss (M-li-44/45), Karl Max Bauernfeind (M-re-150/152), Elizabeth Banfield (M-re, 58/59), Wilhelm von Diez (15-1-33), Carl August Lebschée (14-10-33).