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Der Königsplatz

Kulturbauten und Kultort

Die klassizistische Platzanlage, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts als zentraler Punkt der neuen Maxvorstadt konzipiert wurde, präsentiert Vorbilder der griechischen Antike. Seine vielfältige Nutzungsgeschichte reicht rund 200 Jahre zurück, darunter auch die Indienstnahme für politische und kulturelle Veranstaltungen und die Profanierung als Parkplatz. In den letzten Jahren fanden hier häufig Open-Air-Konzerte statt, 2022 auch die Volleyball- und Kletterwettkämpfe während der European Championships.

Die Glyptothek, die Antikensammlungen (das ehemalige Kunstausstellungsgebäude) und die Propyläen prägen die Gestalt des Königsplatzes. Seinen Namen erhielt der im Auftrag von König Ludwig I. (1786–1868) entstandene Platz durch seine Funktion als herrschaftlich gestaltete Ausfahrt des Fürstenweges aus der Stadt, von der Residenz zum Sommerschloss Nymphenburg. Die Propyläen waren dabei als Stadttor vorgesehen. König Ludwigs I. Verehrung der Antike war Programm: Die Gebäude im klassizistischen Stil von Leo von Klenze (1784–1864) und Georg Friedrich Ziebland (1800–1873) gaben dem Platz das Aussehen einer griechischen Tempelanlage, einem „oberbayerischen Hellas auf der grünen Wiese.“ (Vierneisel 1988, S. 5).

Die Pläne für die Gestaltung des Platzes aus dem Jahr 1820 stammen von Friedrich Ludwig von Sckell (17501823) und Leo von Klenze. Der Fürstenweg mit dem Straßennamen „Königsstraße“ verließ den Platz von Osten kommend durch das mittlere Tor der Propyläen Richtung Nymphenburg. Diese Hauptstraße für Kutschen war vom restlichen Niveau des Platzes abgesenkt. Der so geteilte Platz wurde auf beiden Seiten durch Kieswege, die zu den Gebäuden hinführten, und Rasenflächen in ein rechteckiges Raster gegliedert.

Auf dem Platz fanden regelmäßig öffentliche Veranstaltungen statt, zum Beispiel am 100. Geburtstag Klenzes, Otto von Bismarcks 70. Geburtstag oder zur Huldigung des verstorbenen Stifters Ludwig I. Bisweilen wurde der Königsplatz mit Girlanden an den Gebäuden aufwendig dekoriert und mit temporären Architekturen umgestaltet. Ab 1920 fanden auf dem Platz vermehrt politische Veranstaltungen statt.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde der Königsplatz eingeebnet und mit 22.000 Granitplatten von je einem Quadratmeter komplett gepflastert – für eine Nutzung als „Acropolis germaniae“ im nationalsozialistischen Sinne. Der Verwaltungsbau der NSDAP an der heutigen Katharina-von-Bora-Straße und der sogenannte „Führerbau“ (heute Hochschule für Musik und Theater) bildeten eine neue Begrenzung des dadurch nach Osten vergrößerten Platzes. Eine Mauer, an den Seiten der Museumsbauten angeschlossen, umgab den Platz nun komplett. Die Propyläen wurden in den Platz integriert – innerhalb der Mauer, die hinter den Propyläen und der Luisenstraße halbrund mit einem Durchbruch Richtung Westen abschloss. Die Museumsbauten, optisch durch die Pflasterung an den Rand des Platzes gedrängt, waren nun Architekturstaffage des Versammlungs- und Kultortes der NSDAP mit den zwei Ehrentempeln an der Brienner Straße. Gesperrt für den Verkehr wurde der Platz zum Ort für Aufmärsche und Totenfeiern der Nationalsozialisten.

Der große Platz in der Mitte Münchens war auch aus der Luft gut zu erkennen und somit ein mögliches Ziel für Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs, um die Nationalsozialisten in ihrem politischen Zentrum zu treffen. Eine aufwendige Tarnung sollte das verhindern: Kies und Schablonen simulierten seit 1943 eine Bebauung der Freifläche, die Parteibauten wurden mit Tarnnetzen verhüllt. Der Plan war nur bedingt erfolgreich: Glyptothek und Kunstausstellungsgebäude wurden bei Bombenangriffen am 9. März 1943 stark beschädigt, die Ehrentempel hingegen nur leicht beschädigt.

Nach dem Krieg wurden 1948 im Osten des Platzes Bäume und Büsche gepflanzt, um ihn optisch einzufassen und um die nationalsozialistischen Bauten vom Königsplatz abzuschirmen. Die Granitfläche wurde wieder für den Verkehr geöffnet. Die mit dem wachsenden Wohlstand ansteigende Zahl an Autos führte bald dazu, dass auf der nicht befahrenen Fläche des Königsplatzes geparkt wurde. Um dies in geordnete Bahnen zu lenken, wurden 1961/62 zunächst im Osten, dann im Westen des Platzes Parkflächen markiert. Auch als Veranstaltungsort war der Königsplatz weiterhin gefragt: Passend zu seiner neuen Funktion als Parkplatz unter anderem für Geschicklichkeitsturniere des ADAC, aber auch für Stadtfeste. Schon ab 1961 gab es Überlegungen zur Neugestaltung des Platzes. Zunächst war nur die Entfernung der Granitplatten im Gespräch, ab 1978 wurden Konzepte mit Grünflächen und gleichzeitigem Durchfahrtverkehr diskutiert. Pläne für eine Tiefgarage unter dem Königsplatz (1961) waren ebenfalls Teil der Debatte. 1981 fiel die Entscheidung, den Königsplatz in den Originalzustand nach Klenze und Sckell zurückzuversetzen. Die Pläne für die Umgestaltung stammen von Hans Heid aus dem Jahr 1988, der aus Gründen des Denkmalschutzes die ursprüngliche Verkehrsführung – jetzt für Autos – durch das Propyläenportal nicht wiederherstellen ließ.

Bilder

Goaßlschnalzer auf dem Königsplatz, um 1935
Goaßlschnalzer auf dem Königsplatz, um 1935 Auf dem Königsplatz fanden auch schon früher verschiedene Sportveranstaltungen statt, wie etwa das große winterliche Goaßlschnalzen um 1935. Quelle: Stadtarchiv München, FS-NL-GRO-547-11 Erstellt von: Erika Groth-Schmachtenberger
Blick vom Kunstausstellungsgebäude auf die Propyläen, nach der Bismarckfeier 1885
Blick vom Kunstausstellungsgebäude auf die Propyläen, nach der Bismarckfeier 1885 Im Auftrag eines privaten Veranstaltungskomitees wurden die Propyläen anlässlich des 70. Geburtstags von Reichskanzler Otto von Bismarck aufwendig mit Girlanden geschmückt. Quelle: Stadtarchiv München, C1885004 Erstellt von: Georg Böttger
Das Kunstausstellungsgebäude, dekoriert anlässlich des 80. Geburtstags von Otto von Bismarck, 1895.
Das Kunstausstellungsgebäude, dekoriert anlässlich des 80. Geburtstags von Otto von Bismarck, 1895. Mit Rampen auf mittlerer Höhe der steilen Treppe wurde das Kunstausstellungshaus, in dem sich heute die Antikensammlungen befinden, optisch erhöht. Quelle: Stadtarchiv München, C1895104 Erstellt von: Georg Stuffler
Königsplatz, 1885/1915
Königsplatz, 1885/1915 Vergleicht man kaiserzeitliche Fotografien mit aktuellen Bildern, ist der Unterschied nur schwer zu erkennen. Den entscheidenden Hinweis auf die Entstehungszeit liefert vielmehr die Kleidung der Personen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0965-01-03-325663
Königsplatz, um 1937/38
Königsplatz, um 1937/38 Der Königsplatz nach der Umgestaltung durch die Nationalsozialisten. Im Hintergrund sind die beiden zwischen 1935 und 1937 errichteten Parteibauten mit den Ehrentempeln zu sehen. Ansichtskarte nach einem Gemälde von Richard Wagner mit dem Titel „München, Hauptstadt der Bewegung, Königlicher Platz“. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0986-01-00-391085 Erstellt von: Richard Wagner
Königsplatz, Luftaufnahme um 1943
Königsplatz, Luftaufnahme um 1943 Aus der Luft war der Königsplatz, auf dem zum Schutz vor Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg mit Schablonen und Kies Bebauung und mit Tarnnetzen Bäume simuliert wurden, kaum zu erkennen. Quelle: Klaus Vierneisel (Hg.): Der Königsplatz 1812–1988. Dokumentation aus Anlaß der Neugestaltung des Königsplatzes in München, München 1988, S. 62.
Königsplatz, Luftaufnahme von 1943
Königsplatz, Luftaufnahme von 1943 Aus größerer Höhe ist der getarnte Königsplatz kaum mehr auszumachen. Quelle: Klaus Vierneisel (Hg.): Der Königsplatz 1812–1988. Dokumentation aus Anlaß der Neugestaltung des Königsplatzes in München, München 1988, S. 63.
Königsplatz, Gesamtansicht der Glyptothek von Süden, 1971
Königsplatz, Gesamtansicht der Glyptothek von Süden, 1971 Der mit Granitplatten belegte Königsplatz wurde in der Nachkriegszeit als Parkplatz genutzt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0938-01-00-Th215942 Erstellt von: Margrit Behrens
Königsplatz, Propyläen von Südosten, 1971
Königsplatz, Propyläen von Südosten, 1971 Auch vor den Propyläen wurde der Platz als Parkplatz genutzt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0965-01-03-Th240726 Erstellt von: Margrit Behrens
Königsplatz, Blick auf die Glyptothek, 1971
Königsplatz, Blick auf die Glyptothek, 1971 Angespannte Parkplatzlage vor der Glyptothek. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0986-01-00-341505 Erstellt von: Margrit Behrens
Königsplatz, Propyläen von Osten, vor 1987
Königsplatz, Propyläen von Osten, vor 1987 Durch die Pflasterung des kompletten Platzes rücken die Gebäude optisch an den Rand. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0965-01-03-450175 Erstellt von: A. F. Kersting
Königsplatz, 2022
Königsplatz, 2022 Heute ahnt man nichts von den Veränderungen, denen der Platz unterzogen war. Erstellt von: Eva Blüml
Königsplatz, 2022
Königsplatz, 2022 Heute stehen die Propyläen auf einer Art Verkehrsinsel; die Durchfahrt ist nicht mehr möglich. Erstellt von: Eva Blüml

Ort

Königsplatz, 80333 München

Metadaten

Eva Blüml, “Der Königsplatz,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 8. Oktober 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/52.