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Das Erinnerungszeichen Lindwurmstraße 33

Wegen einer Broschüre denunziert und als Zeuge Jehovas im Konzentrationslager ermordet: Josef Edlmann

Ein Stolperstein an der Lindwurmstraße 33 erinnert an den Tischler Josef Edlmann. Der Zeuge Jehovas wurde denunziert und starb 1945 im Konzentrationslager Stutthof, nachdem er fast acht Jahre in verschiedenen Lagern gefoltert worden war. Der politische KZ-Häftling Alfred Hübsch berichtet in seinen geheimen Aufzeichnungen über das mutige Verhalten und die Leiden von Josef Edlmann im KZ Dachau.

Ein Stolperstein an der Lindwurmstraße 33 erinnert an den Tischler Josef Edlmann, der von einem Beamten der Stadt München denunziert wurde. Dem Beamten war bei einem Besuch bei einer Nachbarin der Edlmanns eine biblische Broschüre der Zeugen Jehovas aufgefallen, die sie von Edlmann erhalten hatte. Am 18. Februar 1937 wurde Josef Edlmann um 4.30 Uhr nachts von der Gestapo aus dem Schlaf gerissen und verhaftet. Seine vier Kinder im Vorschulalter sahen ihren Vater nie wieder. Frieda Edlmann, keine Zeugin Jehovas, lehnte es trotz Druck ab, sich von ihm scheiden zu lassen.

Nach seiner Gefängnishaft wurde Edlmann 1937 ins KZ Dachau deportiert. Dort hielt der politische Häftling Alfred Hübsch in seinen geheimen Aufzeichnungen fest, Edlmann sei „geschlagen, getreten, gestoßen“ worden, weil er sich weigerte, ein Soldatenlied zu singen. Wiederholt habe er die Prügelstrafe erhalten. Man habe Druck auf die Zeugen Jehovas ausgeübt, einen Vordruck zu unterschreiben, ihre Lehre abzulehnen und Heeresdienst zu leisten. Dadurch hätte sich Josef Edlmann befreien können. Aber er lehnte es, wie die meisten Zeugen Jehovas ab, dem NS-Regime eine Loyalitätserklärung abzugeben. 1939 kam Josef Edlmann ins KZ Mauthausen. Nach acht Jahren Haft starb er 1945 im KZ Stutthof.

Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas wurde schon wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland verboten. Das Vorgehen gegen sie wurde auch von der Evangelischen und Katholischen Kirche unterstützt. Die Angriffe gegen die Glaubensrichtung bezogen sich auf die Kriegsdienstverweigerung ihrer Angehörigen sowie die Predigt des bevorstehenden Untergangs „der ‚Alten Welt‘ und der sie tragenden Mächte ‚Politik, Kapital und Kirche‘, die scharfe antiklerikale Polemik der Bibelforscher, die Lehre von der Gleichheit der Rassen sowie die ‚Fremdlenkung‘ der Glaubensgemeinschaft aus den USA.“ (Garbe 2018, S. 9) Den Zeugen Jehovas wurde die für die Ausübung ihres Glaubens zentrale Missionstätigkeit untersagt, ihre Schriften wurden beschlagnahmt.

Bilder

Josef Edlmann mit seiner Tochter Ingeborg, 1935
Josef Edlmann mit seiner Tochter Ingeborg, 1935 Quelle: Privatbesitz Ingeborg Hank (Ingeborg Hank, geborene Edlmann, lebt in München)
Stolperstein für Josef Edlmann, 2022
Stolperstein für Josef Edlmann, 2022 Der Stolperstein für Josef Edlmann wurde 2019 vor seinem letzten Wohnsitz, dem Gebäude Lindwurmstraße 33, verlegt. Erstellt von: Christoph Wilker
Reinigung des Stolpersteins, 2022
Reinigung des Stolpersteins, 2022 Christoph Wilker vor dem Eingang zur Lindwurmstraße 33. Erstellt von: Gudrun Wilker

Ort

Lindwurmstraße 33, Rückgebäude, 80337 München

Metadaten

Christoph Wilker, “Das Erinnerungszeichen Lindwurmstraße 33,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 26. April 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/232.