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Die städtische Malschule an der Westenriederstraße

Ausbildungsstätte für zahlreiche Künstler*innen

Über die zur städtischen Gewerbeschule an der Westenriederstraße gehörende Malschule ist nur wenig bekannt, obwohl dort teilweise namhafte Lehrer unterrichteten und sich prominente Künstler*innen auf die Aufnahmeprüfung an der Akademie vorbereiteten.

In dem Schulgebäude an der Westenriederstraße befindet sich bis heute die „Städtische Riemerschmid-Wirtschaftsschule für Mädchen“, in den Räumen der damalige Gewerbeschule ist die Städtische Friedrich-List-Wirtschaftsschule beheimatet.

Diese Gewerbeschule war eine von vier Gewerbeschulen in München, die für mehrere Handwerke zuständig waren. Die Schule an der Westenriederstraße war eine Kunst-Gewerbe- und -Handwerkerschule, die von Lehrlingen und Gesellen, aber auch von Knaben und Mädchen ohne handwerkliche Ausbildung besucht wurde. Sie nutzten vor allem die freie Mal- und Bildhauerschule, um sich auf die Aufnahmeprüfung an der Akademie vorzubereiten. Häufig mit der Kunstgewerbeschule verwechselt, wurde diese Schule 1880 gegründet, zog dann 1901 in das Gebäude an der Westenriederstraße und wurde 1928 um die Meisterschule für das deutsche Maler- und Lackiererhandwerk erweitert. Das war das Verdienst des langjährigen Direktors Otto Rückert (1888–1959), der seit etwa 1920 die Schule leitete, allerdings 1934 dem NSDAP-Mitglied Bruno Goldschmitt (1881–1964) weichen musste und vom Dienst suspendiert wurde. Zu den Schüler*innen zählten Josef Henselmann (1898–1987), Ernst Klinger (1900–1962) und Elisabeth Springer (1904–1941), die wohl von 1923 bis 1927 die Schule besuchte und unter anderem von Georg Schrimpf (1889–1938) unterrichtet wurde.

Bilder

Der Eingang zur ehemaligen Städtischen Gewerbeschule, heute Städtische Friedrich-List-Wirtschaftsschule, 2025
Der Eingang zur ehemaligen Städtischen Gewerbeschule, heute Städtische Friedrich-List-Wirtschaftsschule, 2025 Das Schulgebäude an der Westenriederstraße (damals die Nummer 3, heute 20) / wurde 1900/01 von dem auf Schulgebäude spezialisierten Architekten Robert Rehlein (1859–1941) gebaut. Seine Fassaden zeigen auch zur Zwinger- und Frauenstraße, ein zweiter Eingang befindet sich in der Frauenstraße 19. Erstellt von: Susanna Partsch
Westenriederstraße 20, Detail des Reliefs über der Tür, 2025
Westenriederstraße 20, Detail des Reliefs über der Tür, 2025 Auf den Spruchbändern am Relief über der Tür ist zu lesen: "Sich regen bringt Segen / Streben ist Leben / Fortschreiten immer / Stillstand nimmer / Anno Domini 1901". Von wem das Relief stammt, konnte nicht ermittelt werden. Erstellt von: Susanna Partsch
Die Riemerschmid-Schule, 2017.
Die Riemerschmid-Schule, 2017. In dem Gebäude ist bis heute auch die „Riemerschmid Wirtschaftsschule für Mädchen“ untergebracht, die bereits 1862 von dem Spirituosenfabrikanten Anton Riemerschmid (1802–1878) als „Handelslehranstalt für Frauenzimmer“gegründet wurde. Anton war der Großvater des Jugendstilkünstlers Richard Riemerschmid (1868–1957), der Name Riemerschmidschule bezieht sich also auf Anton, nicht auf den sehr viel bekannteren Richard. Quelle: Wikimedia Commons Erstellt von: Chabe01
Bildhauerklasse Karl Killer, 1908
Bildhauerklasse Karl Killer, 1908 Karl Killer (1873–1948) war von 1907 bis 1932 Lehrer und Studienprofessor einer Bildhauerklasse, ab 1926 lehrte er außerdem an der Akademie der Bildenden Künste. Einer seiner Schüler an der Gewerbeschule war Josef Henselmann. Quelle: Ernst Schur: Die Ausstellung „München 1908“. Die Schulen, in: Kunst und Handwerk. Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851, 1908/09, Nr. 59, Heft 5, S. 126.
Relief an der Außenfassade derRiemerschmid-Schule
Relief an der Außenfassade derRiemerschmid-Schule Das Relief an der Außenfassade des Gebäudes zur Zwingerstraße hin, das denPlatz vor Errichtung der Schule zeigt, wurde sicher auch von einem odermehreren Schülern einer der Bildhauerklassen gefertigt. Erstellt von: Judy Rosenthal
Wandmalerei, vor 1929, Klasse Lois Gruber
Wandmalerei, vor 1929, Klasse Lois Gruber Die Innenhöfe der Schule wurden auch immer wieder mit neuen Wandmalereien geschmückt. Hier ist ein Bild, das in der Klasse von Lois Gruber (1884–?) entstand, zu sehen. Quelle: Otto Rückert: Malerhandwerk und Schule, in: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk 1929, Nr. 79, Heft 4, S. 101.
Elisabeth Springer vor einer Wandmalerei, undatierte Fotografie
Elisabeth Springer vor einer Wandmalerei, undatierte Fotografie Auch Elisabeth Springer besuchte die Klasse von Lois Gruber. Vermutlich ist sie hier vor einer noch nicht vollendeten Wandmalerei zu sehen, die den Einfluss von Georg Schrimpf, einem weiteren ihrer Lehrer, zeigt. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv
Georg Schrimpf, Oskar Maria Graf, 1918
Georg Schrimpf, Oskar Maria Graf, 1918 Leinwand, 65,2 cm x 47 cm – Georg Schrimpf (1889–1938) wurde 1926 gegen massive Widerstände von Otto Rückert an die Schule berufen, gehörte der Maler damals doch zu der noch kritisch beäugten Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit und war ein enger Freund des politisch links agierenden Schriftstellers Oskar Maria Graf (1894–1967). Quelle: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Josef Scharl, Drei Korporierte (Larven), 1925
Josef Scharl, Drei Korporierte (Larven), 1925 Leinwand, 50 cm x 65,5 cm – Auch der später einem kritischen Realismus zugewandte Josef Scharl (1896–1954) machte seine erste Ausbildung als Dekorationsmaler bereits ab 1910 in der Gewerbeschule, wo er auch Aktkurse belegte, zur Vorbereitung eines Studiums an der Akademie der Bildenden Künste, wo er 1925 aufgenommen wurde. Quelle: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München

Ort

Westenriederstraße 20 (früher 3), 80331 München | Schulgebäude, nicht frei zugänglich

Metadaten

Susanna Partsch, “Die städtische Malschule an der Westenriederstraße,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 19. April 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/225.