Die Fürstenrieder Schule wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Eingemeindung Laims in die Stadt München erbaut, um den stetig wachsenden Bedarf an Schulplätzen zu decken. Der Bau lag in den Händen des Architekten Hans Grässel, der in München eine Vielzahl unterschiedlicher Amtsgebäude errichtete, darunter auch mehrere Schulen. Die Architektur sollte ein repräsentatives Zeichen für das Viertel setzen, aber auch auf die Kinder in ihrem Schulalltag wirken.
Zwischen 1901 und 1904 entstand die Fürstenrieder Schule im neu eingemeindeten Stadtteil Laim. Das Gebäude löste die erste, erst 1891 entstandene Schule im rasant wachsenden Viertel ab. Dieser Vorgängerbau war anfangs für nur für 21 Kinder vorgesehen gewesen, welche somit nicht mehr den langen Weg nach Nymphenburg auf sich nehmen mussten.
Das Wachstum der Viertel war eine generelle Tendenz, die durch die zunehmende Industrialisierung und Landflucht hervorgerufen wurde. In Laim war der Bau eines Rangierbahnhofes und der damit verbundene Zuzug von Eisenbahnerfamilien ein wichtiger Faktor für den Bevölkerungsanstieg.
Zur Bauzeit war die Schule noch weitgehend freistehend, ohne Eingrenzung durch umliegende Gebäude. Die Architektur sollte einen städtebaulichen Akzent setzen und den Münchner Vorort damit neu definieren. Im voranschreitenden 19. Jahrhundert übernahmen Schulen zunehmend die Signalfunktion in ihrem Stadtteil, die vormals den Kirchenbauten vorbehalten gewesen war. Über ihren Zweck als Schulbauten hinaus sollten sie auch der geschmacklichen Erziehung dienen, „da nach den Münchener Bauvorschriften Bauten in der Nähe von öffentlichen Gebäuden ästhetischen Anforderungen genügen und sich diesen öffentlichen Gebäuden harmonisch angliedern [mussten]“ (Neue Münchener Schulbauten, in: Deutsche Bauzeitung 1910, S. 1–2).
Trotz der Tatsache, dass die Geschichte des Schulbaus Anfang des 20. Jahrhunderts bereits auf einige Jahrzehnte zurückblicken konnte, in denen zunehmend unterschiedliche Formen entwickelt wurden, handelt es sich bei dem von Hans Grässel entworfenen Schulhaus um eine Art Kasernenbau, mit klaren, linearen, strengen Formen, einem symmetrischen Aufbau und einheitlichen rechteckigen Fensterformen mit Sprosseneinteilung.
Von außen gesehen scheint die Farbgestaltung in grau und beige sehr zurückgenommen. Strukturierter Aufbau und ästhetisch angenehme Atmosphäre für die Schüler:innen sollten miteinander verbunden werden. Während aus Kostengründen auf Prunkelemente weitgehend verzichtet werden sollte, waren Schmuckelemente am Gebäude erwünscht. Auffallend ist die sich zentral auf dem Gebäude befindende kleine Turmhaube mit grünem Dach und blauer Turmuhr. Einen Kontrast zu den linearen Formen liefern die geschwungenen Giebelumrisslinien und die Gestaltung der Dachgauben, die in neobarocken Formen ausgeführt wurden. Den Dachabschluss bilden als verspielte ornamentale Elemente Vasen mit Blumengebinden.
Die Entwicklung der zeitgenössischen Pädagogik spiegelt sich darin, dass das Gebäude neben explizit schulischen Zwecken dienenden Räumen auch mit Turnsälen, Werkstätten, Schulgärten, Zeichensälen und einem Physiklabor ausgestattet war. Daneben wurden oft Kindergärten und Kinderhorte in Schulhäuser einbezogen, in München waren diese ab 1874 vorgesehen. Auch Armenversorgung wurde oft durch die Ausgabe von Mahlzeiten innerhalb der Schulhäuser geleistet. Obwohl in den Bauplänen für letztere keine örtliche Zuweisung vermerkt ist, ließen sich die Räumlichkeiten für den Kindergarten im Erdgeschoss der Fürstenrieder Schule finden.
Im Schulgebäude Hans Grässels lässt sich ein Miteinander unterschiedlicher für die Zeit typischer Ansätze finden. Ästhetik und Atmosphäre wurden bedacht, die Ausstattung der Räume erfolgte nach neuen pädagogischen Prinzipien, ist gleichzeitig aber auch reglementierend. Traditionelle Bauweise und die Verwendung folkloristischer Elemente waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts progressiv, wurden allerdings fortschreitend von völkischen Perspektiven vereinnahmt.