Schulgebäude um 1900
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert erlebte die Gründung und der Bau von Schulen einen Aufschwung. Zunehmende Industrialisierung und Nationalstaatenbildung waren verbunden mit gesellschaftlichem, politischem und soziostrukturellem Wandel. Während im 18. Jahrhundert die schulische Bildung vor allem noch höheren Gesellschaftsschichten vorbehalten war, wurde sie zunehmend auch Kindern aus Bauern- und Arbeiter:innenfamilien zugänglich gemacht. Staatliche Schulen, Privatanstalten und vielzählige Sonderformen von Bildungseinrichtungen wurden gegründet. Disziplin, Ordnung, Gehorsam und Sauberkeit wurden bei der schulischen Erziehung in den Vordergrund gestellt. Im frühen 19. Jahrhundert etablierte sich in Deutschland das bis heute gültige System von weiterführenden Schulen: Hauptschule, Realschule und Gymnasium.
Zwischen 1886 und 1912 setzte in München ein regelrechter Boom im Schulhausbau ein. In dieser Zeit wurden von der Stadtgemeinde „33 neue Volksschulen, zwei Handelsschulen, eine höhere Töchterschule und fünf Gewerbeschulen für die Kerschensteiner Berufsschulen“ (zit. nach Edelgard Voglmaier: Hans Grässel. Architekt und städtischer Baubeamter in München 1860–1939, München 1994, S. 133) gebaut.
Schulgebäuden kam zunehmend auch eine städtebaulich repräsentative Aufgabe zu – die Gebäude sollten in den jeweiligen Vierteln Akzente setzen, wie es vormals für Kirchen üblich gewesen war. Langsam bildete sich ein eigener Gebäudetypus heraus, der auf die Notwendigkeit von spezifizierten Räumen, wie Turnhallen, Fachräume für Physik- oder Chemieunterricht, Aula oder Lehrerzimmer, einging. Auch wurde die hygienische Forderung nach „Luft und Licht“ implementiert. Es handelte sich um Baukörper in klassizistischer und später historistischer Ausführung – mit symmetrischen Fassaden und Rückgriffen auf einzelne Merkmale vergangener architektonischer Epochen wie Antike, Renaissance oder Barock; teilweise ist ein Übergang zum Jugendstil sichtbar.
Die Tour soll einen beispielhaften Überblick über verschiedene Arten von Schulen in München geben, die im besagten Zeitraum entstanden sind.
Die Königliche Lehrerinnen-Bildungsanstalt
Ort der Ausbildung von Ausbilderinnen
Die Königliche Lehrerinnen-Bildungsanstalt diente der Ausbildung weltlicher – in bewusstem Gegensatz zu kirchlicher – Lehrerinnen, vor allem von Volksschullehrerinnen. Das 1907 von Hans Grässel konzipierte Gebäude wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.
Story ansehen Auf der Karte anzeigen
Die Schulgebäude am Gotzinger Platz
Bildung mit Repräsentationsansprüchen
Die Schulgebäude am Gotzinger Platz in Sendling beherbergten eine der ersten Simultanschulen in München. Wie viele andere Schulen des Architekten Hans Grässel (1860–1939) entstand der Bau, bei dem gleichermaßen auf Angemessenheit, ästhetischen Anspruch sowie auf die Anwendung traditioneller Methoden der Baukunst geachtet wurde, in einem Arbeiter:innenviertel.
Story ansehen Auf der Karte anzeigen
Das Schulgebäude Fürstenriederstraße
Disziplin und Pastelltöne
Die Fürstenrieder Schule wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Eingemeindung Laims in die Stadt München erbaut, um den stetig wachsenden Bedarf an Schulplätzen zu decken. Der Bau lag in den Händen des Architekten Hans Grässel, der in München eine Vielzahl unterschiedlicher Amtsgebäude errichtete, darunter auch mehrere Schulen. Die Architektur sollte ein repräsentatives Zeichen für…
Story ansehen Auf der Karte anzeigen