Die Glyptothek
Farbdias aus dem Nachlass des Amateurfotografen Joseph Eschenlohr
Nur wenige Stuckfragmente lassen heute noch erahnen, wie reich und farbig die Innenräume der Glyptothek ursprünglich ausgestattet waren. Durch eine Schenkung gelangte 2010 ein Konvolut von historischen Farbdias in die Photothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, das unter anderem die bis heute einzigen bekannten Farbfotografien des Vorkriegszustandes der Glyptothek enthält.
Der Fußboden aus rotem, grauem, schwarzem und weißem Füssener Marmor, die Wände in verde antico imitierender Stuckierung, die Decken reich mit zum Teil vergoldeten Stuckornamenten verziert – eindrucksvoll führt die Aufnahme des Barberinischen Fauns im Bacchischen Saal die Pracht der ursprünglichen Innenraumausstattung der Glyptothek vor Augen. Zu verdanken haben wir dieses einmalige Foto dem Augsburger Maler und Amateurfotografen Joseph Eschenlohr (1886–1978). Fast 400 der insgesamt 1125 Diapositive wurden in den Jahren 1937 bis 1965 in München aufgenommen, hauptsächlich in den großen Museen der Stadt, aber auch in Schloss Nymphenburg oder dem Tierpark Hellabrunn. Und nicht wenige stammen aus der Zeit der Erfindung des Farbdiamaterials: Die frühesten Bilder entstanden laut Beschriftung bereits 1937, als diese Filme erst seit wenigen Monaten von jedermann erworben werden konnten.
Im Auftrag des Kronprinzen Ludwig, dem späteren König Ludwig I. (1786–1868), war die Glyptothek in den Jahren 1816 bis 1830 von Leo von Klenze (1784–1864) erbaut worden. Der Architekt erschuf dabei ein Gesamtkunstwerk, welches aus dem Zusammenspiel von Architektur, den ausgestellten Werken sowie der Gestaltung und Dekoration der Räume entstand. Nicht nur der figürliche und ornamentale Schmuck der Wände und Decken, sondern auch die Farbigkeit der Fußböden und Wände sollten dabei die chronologische Aufstellung der Skulpturen und Reliefs betonen. An der Nordseite des Gebäudes befanden sich die beiden Festsäle, der Götter- und der Heldensaal. Hervorgehoben wurden sie durch den berühmten Freskenzyklus von Peter von Cornelius, der die Welt der griechischen Götter und die Sage vom Trojanischen Krieg zeigte.
Die Fresken finden sich auch auf Fotografien Eschenlohrs, wenn auch nur angeschnitten und im Hintergrund, weitere Farbaufnahmen sind bis heute nicht bekannt. Zwar war eine vollständige Dokumentation der Innenräume der Glyptothek bereits in Planung: Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda fotografierte ab 1943 im Rahmen des „Führerauftrag Monumentalmalerei“ im „großdeutschen Reich“ historisch und künstlerisch wertvolle Raumausstattungen, die durch drohende Luftangriffe besonders gefährdet waren. Die geplante Kampagne in der Glyptothek konnte jedoch nicht mehr durchgeführt werden. In den Jahren 1943/44 verursachten mehrere Bombentreffer schwere Beschädigungen, so stürzten etwa die Gewölbe im Römersaal und im Ägyptischen Saal ein und der Dachstuhl brannte nieder. Während die Kunstwerke längst in Depots in und um München ausgelagert worden waren, hatte der wandfeste Dekor keine Chance, der nahezu vollständigen Vernichtung zu entgehen. Da über mehrere Jahre kein Notdach errichtet wurde, fielen die noch erhaltenen Reste der Innenausstattung letztlich der Witterung zum Opfer.
Am 28. April 1972 wurde die Glyptothek schließlich wiedereröffnet. Nach Jahren der Diskussionen hatte man sich gegen eine Rekonstruktion der ursprünglichen Gestaltung der Innenräume und für das bis heute überzeugende neutrale Konzept des Münchner Architekten Josef Wiedemann entschieden.