Das Ausstellungsgebäude der „Münchner Secession“ an der Prinzregentenstraße
– provisorisch, kurzlebig und unbekannt
1893 eröffnete die Künstlergruppe der „Münchner Secession“ ein monumentales provisorisches Ausstellungsgebäude an der Prinzregentenstraße und bildete damit ein kleines Gegenzentrum zu den populären Kunstausstellungen im Münchner Glaspalast.
Nach dem immensen Erfolg der drei internationalen Ausstellungen im Glaspalast (1869, 1879 und 1883) wuchs das Interesse der internationalen Künstlerschaft an einer Ausstellungsbeteiligung in München stark an. Dies hatte zur Folge, dass einheimische Künstler eine Benachteiligung gegenüber internationalen Vertretern in Gestalt von Verdiensteinbußen befürchteten.
An Franz von Lenbach, Leiter der „Münchner Künstlergenossenschaft“ (MKG), wurde daher die Bitte herangetragen, heimische Künstler zu bevorzugen und internationale Akteure auszuschließen. Lenbach reagierte mit einer Ausstellungspolitik, die dem Rechnung trug, indem sie den heimischen Historismus förderte und neuere Kunstrichtungen begrenzte. Einige Mitglieder der Münchner Künstlerschaft wollten jedoch die Internationalität der Veranstaltung unbedingt erhalten und lehnten die geplante „konservative“ Ausstellungspolitik der MKG ab; in ihrer Sicht trugen auswärtige Künstler entscheidend zum Niveau der progressiven Kunststadt München bei.
Die Differenzen in künstlerischen und kulturpolitischen Fragen führten dazu, dass einige Künstler die MKG verliessen und sich im Frühjahr 1892 als „Münchner Secession“ zusammenschlossen. Bekannte Mitglieder sind Franz von Stuck, Max Liebermann, Max Slevogt, Bruno Pilghein, Wilhelm Trübner und Lovis Corinth.
Nach der offiziellen Abspaltung wandten sich die Secessionisten an das Kultusministerium, um eine Genehmigung für eine von der MKG unabhängige Präsentation im Glaspalast zu erhalten. Diese Bitte wurde nach nur vier Tagen vom Kultusminister mit dem Kommentar abgelehnt, dass man eine Abspaltung nicht gutheiße und im Interesse der Münchner Kunst auf eine schnelle Versöhnung hoffe.
Diese Ablehnung motivierte die Secessionisten, bereits am 1. April 1893 mit dem Bau eines eigenen Ausstellungsgebäudes zu beginnen. Baurat Franz Brandl (1833–1896) stellte dafür ein kostenloses Grundstück an der Prinzregentenstraße Ecke Pilotystraße – heute etwa Prinzregentenstraße 2, die direkte Eckverbindung der beiden Straßen existiert jedoch nicht mehr – zur Verfügung und genehmigte den Secessionisten, sich dort für fünf Jahre niederzulassen. Das provisorische Ausstellungsgebäude wurde zum größten Teil vom Publizisten Georg Hirth (1841–1916) finanziert, welcher die Secessionisten seit der Gründung mit seinen journalistischen Beiträgen sowie auch mit finanziellen Mitteln unterstützt hatte. Der namhafte Architekt und Professor der Technischen Hochschule Paul Pfann (1860–1919) errichtete gemeinsam mit der Baufirma „Heilmann & Littmann“ eine beeindruckende Galerie für die Secession. Am 15. Juli 1893 wurde die erste Ausstellung der „Münchner Secession“ mit ungefähr 880 Werken eröffnet. Im Vergleich zu den rund 2800 Werken, welche im Glaspalst gezeigt wurden, wird das gewünschte „elitäre“ Verhältnis von Quantität und Qualität ersichtlich. Mit diesem Kontrastprogramm wurde das Provisorium an der Prinzregentenstraße zum kleinen Zentrum, zu einem Gegenpol zu den großen Ausstellungen im Glaspalast.
In fünf erfolgreichen Jahren mit eigenem Ausstellungsbetrieb war die „Münchner Secession“ zweifelsfrei zu einer bedeutenden Vereinigung in München geworden. Trotzdem wurde das Gebäude an der Prinzregentenstraße nach den vereinbarten fünf Jahren abgerissen. Heute sind nur noch wenige Spuren der Innen- sowie Außenansicht des monumentalen Ausstellungsbaus nachzuweisen, der sich einst gegenüber dem heutigen Haus der Kunst befand.