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Der Glaspalast

Eine Kristallvitrine für den Kunstmarkt

Der Glaspalast auf dem Gelände des Alten Botanischen Gartens war ein von 1854 bis 1931 bestehender Bau für temporäre Messen, in welchem ab 1869 auch für den Kunstmarkt bedeutende internationale Kunstausstellungen stattfanden.

Drei Jahre nach dem enormen Erfolg des Crystal Palace im Rahmen der ersten Weltausstellung von 1851 in London wurde nahe der Münchner Innenstadt auf Initiative König Maximilians II. hin ein ähnliches Gebäude aus Gusseisen und Glas für Messen und Ausstellungen errichtet. Mit dem Bauvorhaben, das unter der Leitung von August von Voit (1801–1870) durchgeführt wurde, wollte der König München als europäische Metropole etablieren.

Ab 1858 fanden im Glaspalast, welcher vorerst vor allem für Industriemessen genutzt worden war, regelmäßig von der Münchner Künstlergenossenschaft organisierte Kunstausstellungen statt, welche ebenfalls großen Anklang fanden.

Für diese Ausstellungen wurden Künstler von einem eigens zusammengesetzten Komitee aus Professoren und Künstlern dazu eingeladen, eine Auswahl ihrer Werke einzusenden, welche sowohl ausgestellt als auch verkauft oder durch eine Lotterie verlost wurden. Dokumentiert sind die Ausstellungsstücke in Katalogen, welche in den Jahren 1869 bis 1931 für jede Ausstellung veröffentlicht wurden. Diese enthielten Grundrisse und Listen sämtlicher Werke mit den entsprechenden Künstlern und waren oft mit aufwändig gestalteten Titelseiten ausgestattet, welche die Stilrichtungen der Prinzregentenzeit und den Jahren danach widerspiegeln.

Besonders wichtig für die Etablierung Münchens als "Kunststadt" nicht nur innerhalb Bayerns, sondern in ganz Europa, waren die Internationalen Kunstausstellungen. Die erste fand 1869 auf Wunsch König Ludwigs II. statt und wurde mit einer pompösen Feier eröffnet. Die Ausstellung selbst präsentierte den Besuchern Werke aus ganz Europa und sogar Nordamerika, die in verschiedenen Bereichen, Logen und Sälen gezeigt wurden. Kennzeichnend für die Glaspalastausstellungen war die außergewöhnlich große Internationalität.

Sowohl die internationalen als auch regulären Kunstausstellungen wurden jahrelang mit großem Erfolg fortgeführt, bis ein verheerender Brand am 6. Juni 1931 das gesamte Gebäude zerstörte – ein Schicksal, das fünf Jahre später auch das Londoner Vorbild ereilte. Das Feuer vernichtete tausende Kunstwerke, darunter die gesamte Sonderausstellung deutscher Romantiker mit Werken von Caspar David Friedrich.

Im Nationalsozialismus wurden die Wiederaufbaupläne nicht weiterverfolgt und stattdessen an der Prinzregentenstraße das Haus der Deutschen Kunst errichtet. Heutzutage befindet sich auf dem früheren Standort des Glaspalastes das Park-Café und der Kunstpavillon.

Bilder

Glaspalast von Westen, 1892
Glaspalast von Westen, 1892 Als möglicher Standort des Ausstellungsbaus war zunächst der Maximiliansplatz in Betracht gezogen worden. Man entschied sich letztendlich jedoch für den Norden des Geländes des Alten Botanischen Gartens. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, Photothek, ZI-0943-03-00-217512 Erstellt von: Römmler und Jonas
Entwurf von August von Voit, um 1853
Entwurf von August von Voit, um 1853 Beim Bau und der Gestaltung des Gebäudes orientierte sich August von Voit am Londoner Crystal Palace, erbaut durch den Architekten Joseph Paxton. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0943-03-00-Th238488
Innenansicht, Datum unbekannt
Innenansicht, Datum unbekannt Für die Herstellung des Glaspalastes wurden über 37000 Glastafeln und 1700 Tonnen Gusseisen verbaut. Diese Konstruktionsmethode ermöglichte den Verzicht auf Stützmauern. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0943-03-00-Th238489
Dispositionsplan der I. Internationalen Kunstausstellung, 1869
Dispositionsplan der I. Internationalen Kunstausstellung, 1869 Viele der Ausstellungskataloge enthielten einen Orientierungsplan, in welchem wichtige Informationen, wie Ein- und Ausgänge, WCs und Garderobe sowie die einzelnen in Gattungen und Herkunft gegliederte Ausstellungsräume zu finden waren. Quelle: Internationale Kunstausstellung, München: Katalog zur I. internationalen Kunstausstellung im Königlichen Glaspalaste zu München. Eröffnung am 20. Juli, Schluss am 31. Oktober 1869, München 1869.
Titelseite des Ausstellungskatalogs für die X. Internationale Kunstausstellung, 1909
Titelseite des Ausstellungskatalogs für die X. Internationale Kunstausstellung, 1909 Die Titelseiten der Kataloge der späteren Kunstausstellungen wurden von Künstlern der Münchener Secession gestaltet. Die Münchener Secession wurde als Künstlergruppe 1892 gegründet und fand ihren Ursprung in der Münchner Künstlergenossenschaft. Quelle: Internationale Kunstausstellung München: Offizieller Katalog der X. Internationalen Kunstausstellung im kgl. Glaspalast zu München 1909: 1. Juni bis Ende Okt., München 1909.
Der Glaspalast nach dem Brand vom 6. Juni 1931
Der Glaspalast nach dem Brand vom 6. Juni 1931 Als Ursache für den Ausbruch des Feuers wurde vorerst ein Unfall angenommen. In Öl getränkte Putzwolle in einem der Abstellräume der Reinigungskräfte habe von selbst Feuer gefangen, das sich dadurch im Raum angestaute Gas sei explodiert und habe das restliche Gebäude in Brand gesteckt. Später wurde von Brandstiftung ausgegangen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek, ZI-0943-03-00-396544
Caspar David Friedrich: Herbstlandschaft, 1798
Caspar David Friedrich: Herbstlandschaft, 1798 Öl auf Leinwand, 22 x 30,5 cm, 1931 verbrannt – Dem Brand des Glaspalastes fielen über 3000 Gemälde zum Opfer. 110 Gemälde davon stammten aus der Sonderausstellung „Werke deutscher Romantiker von Caspar David Friedrich bis Moritz von Schwind“, zu welcher das abgebildete Gemälde gehörte. Quelle: Münchener Künstler-Genossenschaft: Münchener Kunstausstellung 1931 im Glaspalast: 1. Juni bis Anfang Oktober 1931; amtlicher Katalog, München 1931.

Ort

Alter Botanischer Garten, 80333 München | Nicht erhalten; die Parkanlage ist frei zugänglich.

Metadaten

Eva Zellner, “Der Glaspalast,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 21. November 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/7.