Eingeordnet unter Künstlerausbildung

Die Akademie der Bildenden Künste München

Ein kreativer Gestaltungsraum für Künstler:innen

Die Münchner Kunstakademie bietet seit 250 Jahren bildenden Künstler:innen einen Ort für Studium, Diskussion und Experiment. Im Zusammenspiel mit Ausstellungen, Museen und Galerien in München entsteht ein fruchtbares Gefüge zur Ausbildung, das sich stetig wandelt. Für die Zeit um 1900 stellte der spanische Maler Pablo Picasso fest: „Hätte ich einen Sohn, der Maler werden will, so würde ich ihn […] nach München schicken.“ [zit. nach Kehr 1990, S. 7].

Heute kann man an der Akademie eine Vielzahl von Berufen erlernen. Es gibt Studiengänge für Freie Kunst, Kunstpädagogik, Innenarchitektur, Architektur und Kunsttherapie. Bis 1946 beschränkte sich das Lehrangebot auf die Ausbildung von Maler:innen, Bildhauer:innen, Grafiker:innen und Architekt:innen. Das Kunstlehramt sowie die angewandten Künste studierte man damals an der Kgl. Kunstgewerbeschule (später Akademie für angewandte Kunst), die 1946 mit der Akademie zusammengeführt wurde.

Ein zentrales Merkmal der Ausbildung an der Münchner Akademie ist das Klassensystem, bei dem die Studierenden einem:einer Professor:in und einer Klasse zugeordnet sind. Im 19. Jahrhundert studierte man in drei Klassen für Anfänger und Fortgeschrittene. Erst am Ende der Ausbildung wagte man sich an eigene Kompositionen. Heute absolvieren die Studierenden ihre gesamte Ausbildung in einer Klasse bei einem:einer Professor:in.

Die Inhalte der Lehre wandeln sich ständig. Das Studium der Abgüsse antiker Werke wurde bald durch das Vorbild der Natur abgelöst. Im 20. Jahrhundert wurde die Abstraktion ein wichtiges Anliegen in der Kunst. Der nationalsozialistische Kunstbegriff stand dem diametral entgegen. Die zentrale Rolle der Akademie im Nationalsozialismus stieß spätestens 1968 im Rahmen der Studierendenrevolte auf massive Kritik. Im Zuge der Proteste wurde auch Kunst an sich neu hinterfragt, Happening und Aktionskunst zogen in die Akademie ein. Heute ist die Akademie ein Ort, an dem aktuelle Themen der Gesellschaft wie Rassismus, Migration, Feminismus, Diversität oder Nachhaltigkeit diskutiert und künstlerisch verarbeitet werden.

Das Professor:innenkollegium der Akademie ist vielfältig. Um 1900 berief man Stars der modernen Malerei wie den Maler Franz von Stuck an die Akademie. Ab den 1920er Jahren jedoch erfolgte eine völkisch-konservative Wende. Mit Professoren wie Adolf Ziegler, Hermann Kaspar oder Bernhard Bleeker wurde die Akademie zu einem wichtigen Instrument der Kunstpropaganda des Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich die Akademie angesichts der insgesamt herrschenden Kontinuitäten in Deutschland lange nicht weiterentwickeln. Letztendlich schaffte die Akademie erst in den 1980er Jahren mit Professoren wie dem Fluxuskünstler Robin Page oder dem Grafiker und Bildhauer Eduardo Paolozzi einen Wiederanschluss an das internationale Kunstleben. Allerdings fehlten lange Professorinnen im Kollegium. Erst in den 1990er Jahren wurden mit Christina Iglesias und Asta Gröting die ersten Professorinnen in der Freien Kunst berufen.

Die Studierendenschaft der Akademie ist sehr international. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Akademie zu einer in ganz Europa hoch angesehenen Kunstschule. Auch bedeutende Künstler der Moderne wie der Russe Wassily Kandinsky oder der Schweizer Paul Klee absolvierten eine Etappe ihrer Ausbildung an der Akademie. Viele von ihnen setzten aber ihr Studium in privaten Kunstschulen fort, die alternative Lehrmethoden erprobten. Der Anteil der weiblichen Studierenden liegt heute bei zwei Drittel der etwa 800 Studierenden der Akademie. Dies lässt leicht vergessen, dass Frauen erst 1920 als reguläre Studierende an der Akademie zugelassen wurden.

Kunst braucht viel Platz. Während die Zeichenschule der Wittelsbacher zu Anfang in der Theatinerstraße 11 angesiedelt war, zog die Akademie bald in die Neuhauser Straße, in die sog. „Alte Akademie“, die sie sich mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften teilte. Als auch hier die Räume knapp wurden, plante der Architekt Gottfried von Neureuther einen palastartigen Neubau am Siegestor, der 1886 bezogen werden konnte. Mit Porträtmedaillons und Namenstafeln bedeutender Künstler führt der Bau im Stil der Neorenaissance den Bildungskanon der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts vor Augen. Die beiden bronzenen Reiterfiguren der Zwillinge Castor und Pollux schuf der Bildhauerei-Professor Max von Widnmann eigens für den Eingang des Gebäudes. 1944 wurde die Akademie bei einem Bombenangriff schwer zerstört, das Gebäude wurde in der Nachkriegszeit aber wiederaufgebaut. Bereits in den 1950er Jahren plante der Architekt Sep Ruf, der 1957–1960 als Professor für Architektur an der Akademie unterrichtete, einen weiteren Neubau. Zu diesem kam es aber erst im Vorfeld des 200. Jubiläums. Das Architekturbüro Coop Himmelblau baute einen dekonstruktivistischen Bau, der 2005 eröffnet werden konnte. Alt- und Neubau öffnen regelmäßig ihre Türen für die Öffentlichkeit zu Abschlussausstellungen im Februar und Oktober sowie zur Jahresausstellung im Sommer jeden Jahres.

Bilder

Akademie der Bildenden Künste München, Altbau und Neubau
Akademie der Bildenden Künste München, Altbau und Neubau Alt- und Neubau der Akademie der Bildenden Künste München bilden heute den „Campus“. Im 1886 offiziell eröffneten Altbau befinden sich die Räume der Klassen und Professor:innen sowie ein Teil der Studienwerkstätten. Im 2005 eröffneten Neubau sind die grafischen Werkstätten, die Räume der Theorielehrstühle (Kunstgeschichte, Philosophie, Kunstpädagogik) und die Verwaltung untergebracht. Erstellt von: Dieter Rehm
August Mandlick, „Skizzen von der Münchener Kunstakademie“, Holzstich, um 1880
August Mandlick, „Skizzen von der Münchener Kunstakademie“, Holzstich, um 1880 Mandlicks Illustration führt den Kern der Ausbildung der Studierenden an der Münchner Kunstakademie im 19. Jahrhundert vor Augen: Das Studium der menschlichen Figur. Außerdem sieht man den damaligen Neubau zu diesem Zeitpunkt noch mit einem Bauzaun abgesperrt. Quelle: Über Land und Meer. Allgemeine Illustrirte Zeitung 51 (1883/84), Nr. 22, S. 411 / Akademie der Bildenden Künste München, Archiv
Hans Bartels, „Die Kunstakademie“, 1893, Illustration in einer Zeitung
Hans Bartels, „Die Kunstakademie“, 1893, Illustration in einer Zeitung Mit dem Einzug der Akademie in das neue Gebäude an der Grenze der Maxvorstadt zum Stadtteil Schwabing entstand ein Künstlerviertel, in dem man wohnte, arbeitete und sich vergnügte. Dies begründete den Ruhm Schwabings als Treffpunkt der Bohème bis in die 1960er Jahre. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München, Archiv
Matrikelbuch der Akademie, III, 1884–1920, Eintragungen vom 17. Oktober 1900
Matrikelbuch der Akademie, III, 1884–1920, Eintragungen vom 17. Oktober 1900 Die Einträge von Wassily Kandinsky und Paul Klee im Matrikelbuch führen beispielhaft die Strahlkraft der Münchner Kunstakademie im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert vor Augen. Vermutlich warteten die beiden sogar zusammen auf ihre Einschreibung. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München, Archiv
Die Akademie der Bildenden Künste, nach 1945
Die Akademie der Bildenden Künste, nach 1945 Im Juli 1944 wurde das Akademiegebäude bei einem Bombenangriff bis auf die Grundmauern zerstört. Im Oktober darauf wurden offiziell alle deutschen Kunsthochschulen geschlossen. Quelle: Birgit Jooss: „Nur der reinen Kunst zu dienen“. Die Hochschule der Bildenden Künste in München nach 1945, in: Iris Lauterbach (Hg.): Kunstgeschichte in München 1947. Institutionen und Personen im Wiederaufbau, München 2010 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, 22), S. 44, Abb. 5.
Akademieausstellung mit studentischen Arbeiten, 1954
Akademieausstellung mit studentischen Arbeiten, 1954 Der Blick in den Ostflügel des Altbaus zeigt das schlichte Innere der wiederaufgebauten Architektur des Akademiegebäudes. Bereits 1949 war das Gebäude für die Lehre wieder weitgehend nutzbar und die Klassen konnten aus ihren provisorischen Unterkünften zurückkehren. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München, Archiv Erstellt von: D. Foitzick
Die Professorenschaft der Akademie, 1967
Die Professorenschaft der Akademie, 1967 Die Professorenschaft der Akademie zog noch 1967 zu den traditionellen Dreijahresfeiern der Akademie in Talaren ein. Zu sehen sind die Professoren Hermann Kaspar, Mac Zimmermann, Heinrich Kirchner, Franz Nagel, Jean Derolle und Josef Oberberger. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München, Archiv Erstellt von: Gretl Vogler
Blick in das Vestibül des Akademie-Altbaus mit Wandtexten der Studierendenrevolte, 1968/69
Blick in das Vestibül des Akademie-Altbaus mit Wandtexten der Studierendenrevolte, 1968/69 Die Akademie war ein wichtiges Zentrum der Studierendenproteste 1968/69. Mit Malaktionen und Happenings protestierten die Studierenden gegen verkrustete Strukturen in der Akademie, aber auch innerhalb der deutschen Gesellschaft. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München, Archiv
Foyer der Akademie mit der Studierenden Abir Kobeissi und ihrer Arbeit „L’AFTER“, 2022
Foyer der Akademie mit der Studierenden Abir Kobeissi und ihrer Arbeit „L’AFTER“, 2022 Die Banner Abir Kobeissis schmückten während der Jahresausstellung 2022 das Foyer des Akademiealtbaus. Mit ihrem kaligrafischen arabisch-islamischen Design, das für arabischsprachige Menschen sofort als ein in Worte gedrucktes Lachen lesbar ist, trat die Arbeit in einen Dialog mit dem historischen Akademiegebäude, für das sie eigens konzipiert wurde. Quelle: Akademie der Bildenden Künste München Erstellt von: Stephanie Rössing

Ort

Akademiestraße 2–4, 80799 München | Teilweise öffentlich zugänglich

Metadaten

Caroline Sternberg, “Die Akademie der Bildenden Künste München,” MunichArtToGo, accessed 20. April 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/50.