
Waisen, also elternlose Kinder, hatten früher in München kein leichtes Leben. Selbst wenn sie von der Stadt eine Unterkunft bekamen, mussten sie für ihren Unterhalt selbst aufkommen. Hoffentlich hatten sie ab und zu Gelegenheit, den Schatten der „schönen Bäume“ vor dem Waisenhaus zu genießen.
Zur historischen Orientierung: Der Untere Anger führte einst vom Angertor – etwa dort, wo heute das Städtische Hochhaus steht – zum Sankt-Jakobs-Platz mit dem Klarissenkloster. Etwa auf Höhe der heutigen Hausnummer 14 befand sich spätestens ab 1774 das Stadtwaisenhaus. Um 1800 zeigte sich die Straße laut Johann Paul Stimmelmayr noch ganz anders – mit niedrigeren Häusern und kleinen Grünflächen. Er beschrieb die Lage wie folgt:
„das vormalige Stadtwaisen- und hernach Spegmair-Metzger-Haus, vor welchem gegen die Mitte der Gasse zwei schöne Bäume“.
Etwa 60 Kinder lebten dort, erkennbar an ihrer braunen Kleidung, die einer Uniform glich.
Neben dem Findelhaus des Heilig-Geist-Spitals kümmerten sich bereits ab dem 16. Jahrhundert mehrere bürgerliche Stiftungen um verwaiste Kinder. 1625 wurden diese Einrichtungen zunächst in die Mühlgasse verlegt, anscheinend in die Räume des früheren Frauenhauses, bevor sie schließlich am Oberanger untergebracht wurden.
Für Waisen von Hofbediensteten hatte Kurfürst Maximilian I. bereits 1615 das Hofwaisenhaus errichten lassen (heute etwa Herzog-Wilhelm-Straße 28/30). 1742 kam auf Initiative des Bürgers Johann Michael Pöppel das Pöppelsche Waisenhaus in der Au hinzu (Sammtstraße 3). Diese Einrichtungen boten meist nur Unterkunft – ihren Lebensunterhalt mussten die Kinder durch Arbeit oder Bettelei selbst bestreiten. 1809 wurden die drei Häuser zusammengelegt.
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