Das Bekleidungsgeschäft Isidor Bach
Vom Münchner „Joppenkönig“ zum exklusiven Bekleidungshaus

Mit einer 28 Meter langen Schaufensterfront und auffällig bunten Sammelmarken warb Isidor Bach schon vor über hundert Jahren für seine wetterfeste „Outdoorkleidung“. Früh war modische Konfektionsware von der Stange sein Erfolgsrezept.
Isidor Bach, das „Spezialhaus für Herren-, Jünglings-, Knabengarderobe. Jagd, Sport, Livreen“ in der Sendlinger Straße, geht auf die gleichnamige Herrenkleiderfabrik zurück, die der aus Fischach bei Zusmarshausen stammende jüdische Unternehmer Isidor Bach (1849–1946) 1871 in Augsburg gründete. Wenig später trat sein jüngerer Bruder Hermann (1851–1930) in die Firma ein. Sie spezialisierten sich auf die Herstellung von Konfektionsware, also maschinell gefertigte Kleidung, ein Novum im Königreich Bayern. 1878 eröffneten sie eine Filiale am Münchner Marienplatz. Bereits zwei Jahre später zogen sie in größere Räume im früheren Gasthaus Unterpollinger in der Sendlinger Straße 5. 1887 konnte Isidor Bach das Gebäude kaufen und gemäß den neuen Bedürfnissen umbauen.
Bereits 1881 hatte Bach die Produktion – inzwischen konzentrierte er sich weitgehend auf die Herstellung von Lodenkonfektion – nach München verlagert. Wenige Jahre später wurde sie in einem eigens dafür errichteten Gebäude in der Lindwurmstraße 76 untergebracht. Bald waren dort auf drei Etagen 400 Mitarbeiter beschäftigt.
Um 1900 erwarb Bach die Anwesen in der Sendlingerstraße 6 und Dultstraße 4. Auf dem so entstandenen Block ließ er vom Bauunternehmen Hönig & Söldner ein mehrstöckiges Geschäftsgebäude mit vier Verkaufsetagen um einen großzügigen, 20 Meter hohen Lichthof errichten. Das luxuriös gestaltete „Etablissement“ wurde am 23. November 1903 pünktlich zum 25jährigen Geschäftsjubiläum feierlich eröffnet.
In München brachte der legere Stil der Lodenkleidung Isidor Bach schließlich den liebevollen Beinamen „Joppenkönig“ ein. Als Anerkennung für sein unternehmerisches wie auch gesellschaftlich-soziales Engagement wurde er 1908 zum „königlichen Kommerzienrat“ ernannt. Nach dem unerwarteten Tod seines ältesten Sohnes Hugo (1875–1910) zog er sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurück. Die Nachfolge trat sein zweiter Sohn Alfred („Fredl“, 1879–1968) zusammen mit seinem Vetter Carl, Sohn seines Bruders Hermann, an.
Bereits in den frühen 1920er Jahren begannen die antisemitischen Anfeindungen gegen Isidor Bach. Im November 1923 gehörte er zu den 17 jüdischen Unternehmern, die das Freikorps Oberland während des Hitler-Putsches für eine Nacht festsetzte. Ebenso trafen die deutschlandweiten Boykottmaßnahmen des NS-Regimes am 1. April 1933 das Bekleidungshaus in der Sendlinger Straße hart. In der Folge verzeichnete das Geschäft einen massiven Umsatzeinbruch.
Da abzusehen war, dass sich die Situation jüdischer Unternehmer unter der nationalsozialistischen Herrschaft stetig verschlechtern würde, begann Carl Bach, Alternativen für die Fortführung des Hauses zu suchen. Die fand er in seinem Prokuristen Johann Konen (1903–1989). Seit 1919 war er zunächst als kaufmännischer Lehrling, dann in leitender Position im Unternehmen tätig. Am 6. März 1936 gründete Konen mit finanzieller Unterstützung durch das Mannheimer Bekleidungshaus Engelhorn & Sturm, dem Hauptbuchhalter Eduard Ketzer sowie der Firma Bispinck & Bauer und Prokurist Ludwig Marx die Kommanditgesellschaft Johann Konen, die Isidor Bach übernahm.
Das so in „arischen“ Besitz überführte Unternehmen wurde in der Pogromnacht 9./10. November 1938 nicht behelligt, Carl Bach jedoch wie viele andere jüdische Bürger ins KZ Dachau verbracht und erst nach der schriftlichen Zusicherung, aus Deutschland wegzugehen, entlassen. 1939 gelang ihm mit seiner Familie die Ausreise in die Schweiz und von dort die Emigration in die USA. Dorthin war Alfred Bach bereits 1933 übersiedelt.
Carls Sohn Peter kehrte 1945 als Offizier der US Army nach München zurück und nahm Kontakt mit Johann Konen auf, um die während der NS-Herrschaft erfolgte Übernahme dauerhaft zu regeln. Die Bachs blieben in den USA, behielten jedoch ihre Beteiligung an der Johann Konen KG bei, bis diese 2021 von der Modehandelsgruppe Breuninger GmbH & Co. übernommen wurde. Mittlerweile will sich Breuninger wieder von dem Haus trennen.
Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude an der Sendlinger Straße mehrfach umgebaut. Um die Jahrtausendwende wurden dabei Reste des ursprünglichen Fassadenschmucks freigelegt, ein in Gold gefasstes Stück am Gebäude Sendlinger Straße wieder sichtbar gemacht.
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