Die Alte Pinakothek – die Gestaltung der Grünflächen
Nicht nur grüne Wiese
Ursprünglich sollte die Pinakothek König Ludwigs I., die wir heute als Alte Pinakothek kennen, einen repräsentativen Standort an der Ludwigstraße erhalten. Nach dem verheerenden Brand, der im Oktober 1823 das Münchner Hoftheater zerstört hatte, überzeugten Architekt Leo von Klenze (1784–1864) und Galerieinspektor Georg von Dillis (1759–1841) stattdessen Ludwig I. von einem Solitärbau mit sicherem Abstand zu anderen Bauten, um die wertvollen Kunstwerke im Inneren zu schützen.
Der Standort auf dem freien Feld bedeutete allerdings keineswegs, dass die Pinakothek nur von grüner Wiese umgeben war. Vielmehr waren die Grünflächen seit der Fertigstellung der Pinakothek 1826 bis heute immer wieder unterschiedlich gestaltet. Auch wenn die verschiedenen Gestaltungsphasen nicht vollständig überliefert sind, so lassen sich zumindest Teile der historischen Gartenarchitektur anhand von Fotografien rekonstruieren. Die Grünfläche im Süden der Alten Pinakothek war seit der Eröffnung und vermutlich bis 1914 in zwei quadratische Felder aufgeteilt, die von drei breiten Wegen gerahmt wurden: Während einer auf der Mittelachse auf das Gebäude zu führte, liefen die anderen beiden seitlich am Gebäude vorbei. Vor dem Haupteingang, der damals an der östlichen Gebäudeseite – an der Barer Straße – lag, öffneten sich die Wege zu einer platzähnlichen Fläche. Die Rasenbereiche zwischen den Wegen waren von niedrigen Hecken umgeben, die von jungen Bäumen unterbrochen wurden und ein kreisrund angelegtes Baumarrangement umfingen.
Diese Gestaltungsweise (parterre de gazon) war in der barocken Gartengestaltung üblich und ist auch im Münchner Hofgarten oder in den Grünanlagen von Schloss Schleißheim zu finden. Vor der Pinakothek wurde bewusst auf repräsentative Gestaltungselemente der königlichen Residenzen zurückgegriffen, um die Zugehörigkeit des Gebäudes und der Sammlungen zum Königshaus visuell hervorzuheben. Später luden Bänke im Schatten der Bäume zum Verweilen ein, während auf den Kieswegen flaniert und gespielt wurde.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Alte Pinakothek stark beschädigt. Zwischenzeitlich wurde das Grundstück als Lager für Bauschutt und auch als Schafweide genutzt. Zukünftig standen „Abriss, entkernter Wiederaufbau, rekonstruierender Wiederaufbau und Rekonstruktion als Mahnmal” (Grammbitter 2010, S. 133) im Raum. An der Technischen Hochschule wurden indes Überlegungen angestellt, das Grundstück der Alten Pinakothek als Erweiterung zu nutzen. Und sogar die Errichtung neuer Wohnungen wurde aufgrund der nach dem Krieg herrschenden Wohnraumknappheit in Betracht gezogen. Letztlich erhielt Hans Döllgast 1952 den Auftrag zur Restaurierung des Museumsbaus. Er rekonstruierte den zerstörten mittleren Gebäudeteil mit Ziegeln in einer abweichenden Farbe, die bis heute die entstandenen Kriegswunden des Gebäudes sichtbar machen. Das Portal auf der Mittelachse gen Süden, das auf Fotografien des Vorkriegszustands zu sehen ist, wurde allerdings nicht wiederhergestellt.
Mit der Rekonstruktion des Gebäudes ging eine Umgestaltung der Grünflächen einher, die an die veränderte Nutzung durch die Bewohner:innen und Besucher:innen der Stadt München im 20. Jahrhundert angepasst wurden. Der barocke Charakter wurde nicht wiederhergestellt: Statt parterres und breiten Wegen charakterisieren heute weitläufige Rasenflächen das Areal. Dass die sorgfältig mit niedrigen Hecken gestalteten Elemente, die sogenannten Broderien, nicht erneut angelegt wurden, liegt neben ihrer großen Pflegebedürftigkeit möglicherweise am Wert der innerstädtischen Freiflächen selbst. Dies war schon bei der Diskussion um den Wiederaufbau der Pinakothek deutlich geworden.
Die Grünflächen um die Alte Pinakothek stehen heute als öffentliche Grünanlage den Besucher:innen zur Verfügung. Die offene Fläche ermöglicht eine vielfältige Nutzung. Wo früher aufwändig gestaltete Rasenflächen die Nobilität des Gebäudes und des Trägers symbolisierten, sind es heute weitestgehend ungestaltete Rasenflächen, die aber selten menschenleer sind – wer die Alte Pinakothek besucht, findet bei gutem Wetter Yogakurse, Geburtstagspicknicks, Tischtennisturniere oder Studierende beim Spikeballspielen vor.