Der Wittelsbacher Brunnen am Lenbachplatz
Adolf von Hildebrands Hauptwerk in München
1888 schrieb die Stadt München einen Wettbewerb zur Errichtung eines Brunnens zur Feier der Fertigstellung der Quellwasserleitung aus dem Mangfalltal aus. Der Sieger des Wettbewerbs zog in der Folge nach München.
Als im Jahre 1883 die Wasserversorgung Münchens durch die Fertigstellung von Wasserleitungen aus dem Mangfalltal vollendet war, beschloss die Stadt einen Brunnen am Maximiliansplatz errichten zu lassen und schrieb 1888 einen ersten Wettbewerb aus. Adolf von Hildebrand nahm als Jurymitglied an der Auswahl der eingereichten Entwürfe teil. Zu jener Zeit genoss er bereits hohes Ansehen in München: 1887 war ihm für sein künstlerisches Werk der Maximiliansorden verliehen worden.
1847 in Marburg geboren, wuchs Adolf von Hildebrand seit 1850 in der Schweiz auf und kam 1861 mit seiner Familie nach Jena. Ab 1864 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Nürnberg, folgte nach nur eineinhalb Jahren allerdings 1866 Caspar von Zumbusch nach München und kurz darauf nach Rom. 1874 erwarb er gemeinsam mit Hans von Marées ein ehemaliges Kloster (heute Villa di San Francesco di Paola) in Florenz, wo er seither residierte.
Zum Zeitpunkt der Münchner Ausschreibung nahm Hildebrand an zwei Berliner Wettbewerben teil, die er jedoch nicht gewann. Unterdessen endete der (erste) Münchner Wettbewerb ohne Ergebnis. Als der Bildhauer eine Skizze für den neuen Münchner Brunnen anfertigte und diese u.a. bei seinen Jurykollegen Rudolf von Seitz, Gabriel von Seidl und Ferdinand Miller großen Anklang fand, trat er im November 1889 aus der Jury aus, nahm an einem zweiten Wettbewerb selbst teil und reichte im August 1890 ein eigenes Modell ein. Nach etlichen Abwägungen und Bedenken der Jury, die einem Briefwechsel mit Rudolf von Seitz zu entnehmen sind, trug von Hildebrand schließlich Ende 1890 den Sieg davon. Zur Bedingung machte man ihm allerdings, dass er sowohl einheimische Firmen mit der Ausführung zu beauftragen als auch einheimische Materialien zu verwenden habe.
Insgesamt besteht der monumentale Brunnen aus einem 25m breiten Wasserbecken, das sich zum heutigen Lenbachplatz hin ausbuchtet. Etwas eingerückt erhebt sich eine in sieben Felder unterteilte Wand. In jedes dieser Felder ist ein Wasserspeier als Relief in Form eines Meereswesens eingearbeitet. Begrenzt wird die Wand auf beiden Seiten von zwei Sockeln, die aus scheinbar zufällig angeordneten Gesteinsbrocken herauszuwachsen scheinen. Auf diesen stehen zwei monumentale Figurengruppen. Mittig hinter der inneren Wand erhebt sich ein Zweischalenbrunnen, an dessen Schaft rundherum abwechselnd Masken und Wappen angebracht sind.
Auf dem oberen Sockelband, direkt unterhalb der zweiten Schale, auf der Vorderseite zum Lenbachplatz hin, befindet sich die Inschrift: „Wittelsbacher Brunnen MDCCCXCV“. Auf der Rückseite des Brunnens am Maximiliansplatz steht: „Errichtet von der Stadtgemeinde Muenchen. Zur Erinnerung an die Vollendung der städt. Wasserversorgung aus dem Mangfallthale.“
Die linke Figurengruppe des Brunnens besteht aus einem nackten jungen Mann, der ohne Sattel und Zaumzeug auf einem Pferd mit Fischschwanz reitend einen Gesteinsbrocken über seinen Kopf hält, gleich so, als würde er ihn im nächsten Moment von sich schleudern wollen. Die rechte Gruppe zeigt eine junge Frau, die mit entblößter Brust, den Oberkörper zum Betrachter gewandt, auf einem ebenfalls fischschwänzigen Stier sitzt und in ihrer ausgestreckten linken Hand eine Wasserschale präsentiert. Mit der rechten Hand hält sie sich am Kopf des Tieres fest. Beide Gruppen sind aus Untersberger Marmor gefertigt, einem Kalkstein aus dem Salzburger Raum, der wie Marmor verarbeitet und poliert werden kann.
Die beiden Figuren stehen allegorisch für die Zerstörungs- sowie die Schöpfungskraft des Wassers. Die männliche repräsentiert dabei die ungezügelte Wildheit der Gebirgsbäche im Mangfalltal, während die weibliche den Segensreichtum des Wassers nach seiner Bändigung symbolisiert. Insbesondere zur Figurengruppe des steinschleudernden Mannes auf dem Wasserpferd gab es von Hildebrand verschiedene Überlegungen. Zunächst war die Gruppe mit zwei Personen, einer männlichen und einer weiblichen, auf einem Wasserpferd geplant. Im Dezember 1891 entschied sich Hildebrand dann allerdings für die Ausführung wie sie heute zu sehen ist.
Bei den Bombenangriffen auf München 1944 wurde auch der Wittelsbacher Brunnen in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere der Steinschleuderer war fast gänzlich zerstört. An dieser Figurengruppe ist noch heute der Ansatz des neuen (oberen) Teils durch eine Nahtstelle klar zu erkennen. Durch die Initiative des 1950 von Münchner Bürgern gegründeten „Arbeitsausschusses für die Wiederherstellung des Wittelsbacher Brunnens e.V.“ konnte der Steinschleuderer von Theodor Georgii, Schwiegersohn und Schüler Adolf von Hildebrands, erneuert und der Brunnen am 3. Oktober 1952 wieder in Betrieb genommen werden. Georgii orientierte sich bei der Restaurierung an einem Ausspruch seines Schwiegervaters, der nachträglich gesehen diese Figur nicht als ganz gelungen ansah und gestaltete sie in leicht anderer Weise.