Der Hubertusbrunnen
Ein transloziertes Werk des Münchner Bildhauers Adolf von Hildebrand
Der Hubertusbrunnen von Adolf von Hildebrand (1847–1921), auch als das „Schmuckstück Hildebrands“ bekannt, steht heute am östlichen Ende des Nymphenburger Kanals, an der Waisenhausstraße 20.
1904 beauftragte die Stadt München den renommierten Bildhauer, einen Brunnen zu entwerfen, der den Heiligen Hubertus, Patron des Wittelsbachischen Hausordens, zum Thema haben sollte. Der Brunnen wurde am 18. Juni 1907 als Geschenk der Münchner Bürgerschaft seiner königlichen Hoheit, dem Prinzregenten Luitpold von Bayern, aus Anlass seines 85. Geburtstags übergeben.
Der Künstler folgte bei seinem Entwurf für den Brunnen-Pavillon nicht architektonischen, sondern plastisch-skulpturalen Prinzipien. Wahrscheinlich erklärt dieses freie bildhauerische Vorgehen die zauberhafte Wirkung des Brunnens auf den Betrachter. Der in barocken Formen realisierte, kompakte und auf einem fast quadratischen Grundriss errichtete Pavillon aus Muschelkalk, mit dem knienden Hubertus auf dem Kupferdach und den abgerundeten Treppen der Portale, wirkt harmonisch und in völligem Einklang mit der umgebenden Natur.
Da, wo das Wasser an den Eck-Türmchen aus muschelartigen Wasserspeiern in die Kleeblatt-förmigen Becken fließt, erweitern vor Nischen platzierte Bronzeplastiken das Bildprogramm des Brunnens; eine junge Jägerin mit Speer, der junge muskulöse Jäger mit seinem Bogen, der ältere bärtige Jäger, gekrümmt unter der Last einer erlegten Gams, und die alte, abstoßend wirkende Kräutersammlerin. Die Spannung durch bedrohliche Figuren, die aus den Nischen des Tempels nach draußen spähen, wird im Inneren des Baus aufgelöst. Der edle Bronzehirsch, mit Strahlenkreuz im Geweih, steht majestätisch im Zentrum des Raums und spiegelt sich im Wasser eines roten Marmorbeckens. Die geheimnisvolle Wirkung des Ortes wird durch die wie Spitzenschleier anmutenden Eisengitter der Eingänge verstärkt.
Wenn man heute den Pavillon mit dem fernen vis-à-vis des Nymphenburger Schlosses am anderen Ende des Kanals vor Augen hat, kann man sich nicht vorstellen, dass der Brunnen nicht für genau diesen Platz erschaffen worden war. Doch der Brunnen war ursprünglich für das Forum vor dem Bayerischen Nationalmuseum an der Prinzregentenstraße vorgesehen, wo er sich auch von 1907–1937 befand.
1937 erhielt die Stadt München den Befehl, den Brunnen wegen der geplanten Neubebauung der Prinzregentenstraße im „Großen Stil“ des NS-Regimes abzureißen. Glücklicherweise beschloss die Direktion des Nationalmuseums stattdessen, den Brunnen sorgfältig abzubauen, alle Bronzeplastiken und die kunstvollen Gitter in seinen Räumen auszustellen, die Steine durchzunummerieren und einzulagern.
Der Wiederaufbau von Hildebrands „Schmuckstück“ im Jahr 1954 am heutigen Ort ist den Bemühungen von Kronprinz Rupprecht, dem Enkelkind des Prinzregenten Luitpolds, und einer Bürgerinitiative der Stadt zu verdanken.