Lenbachhaus: Unterwegs zur künstlerischen Freiheit
Gabriele Münter auf dem Fahrrad

Ein Fahrrad, ein weiter Hosenrock und Malutensilien im Gepäck – Gabriele Münter fuhr vor über hundert Jahren ihrer Zeit voraus. Ihre Ausflüge waren mehr als nur Sport: Sie waren Ausdruck von Freiheit, Selbstbestimmung und einem neuen Blick auf die Welt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Radfahren für Frauen als „unschicklich“ und „undamenhaft“. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen? – besaß die Künstlerin Gabriele Münter (1877 – 1962) ein eigenes Fahrrad und trug dazu eine „Radbux“, einen weit geschnittenen Hosenrock, der viel mehr Bewegungsfreiheit bot als das damals übliche Korsett.
Das Rad bedeutete für sie Mobilität, Unabhängigkeit und neue Perspektiven: Gemeinsam mit Wassily Kandinsky unternahm sie Touren ins Umland. Mit leichtem, mobilem Gepäck – gefaltete Staffelei, kleine Malpappen, Pinseln – erkundeten sie Motive unter freiem Himmel. Diese Eindrücke übertrug Münter in Malerei und Fotografie.
Einige Jahre später ließ sie sich auf Reisen ihr Fahrrad sogar nach Italien schicken – „weil man ohne Rad doch nur ein halber Mensch ist.“ (Gabriele Münter an ihren Bruder Carl Münter, 24. September 1905, zitiert nach Kleine 1990, S. 234.)
Auch auf ihrem künstlerischen Weg strebte Münter nach Unabhängigkeit. Sie war eine der wenigen Frauen, die eine umfassende künstlerische Ausbildung erhalten konnte und war zentral an der Entwicklung des Expressionismus beteiligt. Ihre kraftvollen Farben, klaren Formen und der unkonventionelle Blick prägten die Bildsprache des Blauen Reiter.
Heute ist klar: Gabriele Münter fuhr nicht nur Fahrrad – sie fuhr voran. Ihre Biografie und ihr Werk erzählen von Selbstbestimmung, künstlerischer Freiheit und dem Wunsch, sich nicht einordnen zu lassen.
Bilder


