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Das Haus Rosental 19

Das Zuhause der Künstlerin Elisabeth Springer

Elisabeth Springer wurde am 2. März 1904 in München geboren. Sie war die zweite Tochter des jüdischen Ehepaars David und Dorline Springer, die im Haus Rosental 19 wohnten und den Textilwarenhandel J. Springer betrieben. Als junge Künstlerin wohnte Elisabeth weiterhin mit ihrer Mutter dort, auch nachdem ihr Vater 1930 verstarb und ihre Mutter 1932 das Geschäft aufgab.

Meine Großtante Elisabeth Springer wurde am 2. März 1904 in München geboren. Sie war die zweite Tochter des jüdischen Ehepaars David und Dorline Springer, die im Haus Rosental 19 wohnten und in dritter Generation einen Textilwarenhandel betrieben.

Nach einer Ausbildung als Kindergärtnerin belegte Elisabeth Springer von ca. 1923 bis 1927 Kurse in der Malschule der Städtischen Gewerbeschule an der Westenriederstraße. Sie machte auch eine Schauspielausbildung, die sie 1931 abschloss. Seit den späten 1920er Jahren stellte sie ihre Werke unter anderem im Münchner Glaspalast aus. Von 1935 bis 1937 war sie im Münchner Marionettentheater des Jüdischen Kulturbunds aktiv. 1936 war sie mit Skulpturen, Masken und Spielkarten in einer Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin vertreten. Ein Jahr später wurde sie Mitglied im Schauspielensemble des Jüdischen Kulturbundes Hamburg. Ihre Arbeit als Künstlerin und Schauspielerin wurde in den 1930er Jahren häufig in Blättern wie der Central-Verein-Zeitung und der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung gewürdigt.

Nach ihrer Rückkehr aus Hamburg, vermutlich im Sommer 1938, wohnte sie wieder bei ihrer Mutter im Rosental 19 und musste bei einer Druckerei Zwangsarbeit leisten. Ihr Vater war schon 1930 verstorben, ihre ältere Schwester 1936 mit Mann und Kindern nach Chicago ausgewandert. Elisabeth Springer wurde am 25. November 1941 in Kaunas in Litauen ermordet. Ihre Mutter wurde im März 1942 nach Piaski in Polen deportiert; die Umstände ihres Todes sind nicht bekannt.

Bilder

Das Haus Rosental 19 (heute Sendlingerstr. 3) mit dem Textilwarenhandel J. Springer, undatiert
Das Haus Rosental 19 (heute Sendlingerstr. 3) mit dem Textilwarenhandel J. Springer, undatiert Die Familie Springer betrieb seit 1865 erfolgreich einen Textilwarenhandel in München und hatte dort in den 1920er Jahren drei Geschäfte: eines für den Großverkauf in der Goethestraße 34, wo Modeateliers, Schneider und andere Geschäftsleute einkauften. In den beiden anderen wurden Privatpersonen bedient. Das eine befand sich am Marienplatz 21, das andere nicht weit entfernt im Rosental 19. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv
Elisabeth Springer in ihrem Atelier, Rosental 19 in München, undatiert
Elisabeth Springer in ihrem Atelier, Rosental 19 in München, undatiert Laut Familienerzählung hatte Elisabeth Springer im Dachgeschoss des Hauses Rosental 19 ihr „Reich“, d.h. ihr Atelier – bis 1939, als sie und ihre Mutter Dorline Springer gezwungen wurden, in ein sogenanntes „Judenhaus“ zu ziehen. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv
Elisabeth Springer als Schauspielerin, undatiert
Elisabeth Springer als Schauspielerin, undatiert Neben ihren Aktivitäten als bildende Künstlerin machte Elisabeth Springer (1904–1941) eine Schauspielausbildung, die sie 1931 abschloss. Mehrere Engagements Springers als Schauspielerin in den 1930er Jahren sind belegt. „Sie ist von zierlicher Erscheinung und hat eine eigentümlich rauhe Stimme, die aber durch die Vielfältigkeit ihrer Nuancierung überrascht.“ (Unbekannt: Rezension zur Aufführung des Lustspiels „Warum lügst du, Chérie“, Central-Verein-Zeitung, 1937, Nr. 4, Heft 2, Beiblatt.) Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv
Elisabeth Springer, Mutter und Kind, Kunststein, um 1935/36
Elisabeth Springer, Mutter und Kind, Kunststein, um 1935/36 1936 kaufte das Jüdische Museum Berlin diese Skulptur Elisabeth Springers, von der es hieß: „Die […] Plastik Mutter und Kind in ihrer blockhaften Geschlossenheit, dem engen Aneinanderschmiegen der beiden Körper, dem strengen, unpathetischen Ernst dieser Frau mit ihrem Kind legt Zeugnis ab von der starken Begabung der Künstlerin.“ (Lotte Pulvermacher: Reichsausstellung jüdischer Künstler im Berliner Jüdischen Museum, in: Bayerische Israelitische Gemeindezeitung vom 1.6.1936, Nr. 12, Heft 11, S. 251–252.) Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Abraham Pisarek
Elisabeth Springer, Sitzende, Zement?, undatiert
Elisabeth Springer, Sitzende, Zement?, undatiert „Ob Ton oder Gips , stets weis [sic!] sie aus dem Material dessen besondere Wirkungen herauszuholen, Maillols Rundung und Barlachs Schwere glucklich verbindend und selbständig […].“ (Lutz Weltmann: Münchener Künstler. Zur Ausstellung des Sekretariats für Bildende Kunst, in: Israelitisches Familienblatt vom 8.4.1937, Nr. 14, S. 16.) Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Abraham Pisarek
Elisabeth Springer, Frauen im Gespräch, Zement?, undatiert
Elisabeth Springer, Frauen im Gespräch, Zement?, undatiert 1936 nahm Elisabeth Springer an der „Reichsausstellung jüdischer Künstler im Jüdischen Museum Berlin“ teil und zeigte mehrere Skulpturen, die nur durch dort entstandene Fotos bekannt sind. „Man nimmt von den Kunstwerken der Elisabeth Springer schwer Abschied.“ (Weltmann 1937) Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Abraham Pisarek
Dorline Springer und Anny Rosenthal, geb. Springer, Chicago, 1937/38
Dorline Springer und Anny Rosenthal, geb. Springer, Chicago, 1937/38 Im Winter 1937/38 reiste Dorline Springer in die USA zu ihrer älteren Tochter Anny, die 1936 mit Mann und Kindern nach Chicago ausgewandert waren, um der Verfolgung durch die NS zu entkommen. Dorline kehrte nach dem viermonatigen Besuch wieder nach München zurück. In den 1950er Jahren bekam Anny Entschädigung für das Haus Rosental 19. 1968 nahm sie sich das Leben. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Julius Rosenthal
Elisabeth Springer, Junge mit Pferden, Tinte und Zahnpasta, um 1940
Elisabeth Springer, Junge mit Pferden, Tinte und Zahnpasta, um 1940 Diese Zeichnung schickte Elisabeth Springer aus München als Geburtstagskarte an ihren Neffen nach Chicago. Dazu schrieb sie: „Da ich hier keine Farben habe, ist dies für Dich mit Tinte + Zahncrême gemalt von Deiner Lisl.“ Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv
Namen der Ermordeten, Museum Festung IX, Kaunas, Litauen, 2024
Namen der Ermordeten, Museum Festung IX, Kaunas, Litauen, 2024 Am 20. November 1941 wurde Elisabeth Springer (hier als Nr. 653, Elisabeth Weiss aufgeführt) mit fast tausend jüdischen Mitbürger:innen – darunter ihren Künstlerkolleginnen Maria Luiko und Anna Klein – von München nach Kaunas in Litauen deportiert. Dort wurden fünf Tage später alle Deportierten aus München, Frankfurt und Berlin ermordet. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Judy Rosenthal
Elisabeth Springer, Kopf, Terrakotta, undatiert
Elisabeth Springer, Kopf, Terrakotta, undatiert Von den Werken Elisabeth Springers sind neben der Zeichnung von einem Jungen mit Pferden nur ein Aquarell und dieser kleine modellierte Kopf erhalten – entweder nahm Elisabeths Schwester Anny ihn schon 1936 bei der Auswanderung in die USA mit oder deren Mutter Dorline brachte ihn 1937 nach Chicago mit, als sie Anny und Familie dort besuchte. Eine unvollendete Wandmalerei, wenige Gemälde und Grafiken sowie einige Skulpturen der Künstlerin sind nur durch Fotografien bekannt. Quelle: Familienbesitz – © Rosenthal-Springer-Archiv Erstellt von: Eric Rorer

Ort

Rosental 19, heute Sendlingerstr. 3, 80331 München | heute Kaufhaus Breuninger

Metadaten

Judy Rosenthal, “Das Haus Rosental 19,” MunichArtToGo, zuletzt zugegriffen am 19. April 2025, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/223.