Die Pasinger Villenkolonien verdanken sich zwar der englischen Gartenstadt-Bewegung, doch sind auch Unterschiede zu bemerken; denn das Bayern des späten 19. Jahrhunderts war nicht in gleicher Weise durch die Industrialisierung geprägt wie England. Zur Klientel gehörten hier eher begüterte Bürger.
In der Villenkolonie I wurde 1894 nach den Plänen des Architekten Ludwig Statzner eine Doppelhaushälfte auf dem großen Grundstück an der Floßmannstraße Nr. 37 Ecke Marsopstraße 4b als ein zweigeschossiger, historisierender Mansarden-Giebeldachbau errichtet. Auftraggeber war Wilhelm Floßmann, ein begüterter Münchner Kaufmann. Das prominente Gebäude besitzt einen geschwungenen Quergiebel und einen schönen Schmuckkamin mit dem halbrunden, in den Garten-Park hineinragenden und repräsentativ erhöhten Terrassen-Anbau. Sein Sohn Josef Floßmann (1862–1914) beauftragte später den renommierten Architekten Theodor Fischer (1862–1938), die zweite, kleinere und benachbarte Villenhälfte in der Marsopstraße 4a zu erbauen.
Der Bildhauer Josef Floßmann studierte von 1881 bis 1884 an der Münchner Kunstgewerbeschule bei Anton Hess und von 1884 bis 1889 an der Kunstakademie bei Syrius Eberle (1844–1903). Beeinflusst von den kunsttheoretischen Schriften Adolf von Hildebrands (1847–1921) folgte er dessen Tendenz zu bereinigten Formen, geklärten Silhouetten und einer stärkeren Anbindung der Skulptur an die Architektur. Als Bau-Plastiker machte er sich durch die Zusammenarbeit mit den Architekten Theodor Fischer, Friedrich von Thiersch (1852–1921), Gabriel von Seidl (1848–1913), Carl Hocheder (1854–1917), Paul Ludwig Troost (1878–1934) und Josef Lang (1878–1927) einen Namen. 1893 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine Goldmedaille. Floßmann war Gründungs- und Jurymitglied der Münchner Secession und stellte regelmäßig auf den Ausstellungen der Künstlervereinigung aus. 1897 wählte man ihn in die Kommission zur Pflege und Führung der Kunst durch den Staat. Aufgrund seiner herausragenden kunst- und kulturpolitischen Verdienste verlieh man Floßmann 1901 den Titel eines königlichen Professors. 1903 war er nach der Gründungsversammlung des Deutschen Künstlerbunds in Weimar einer ihrer Vorstandsmitglieder. Bis zu seinem Tod 1914 lehrte er an der Münchner Kunstgewerbeschule als Professor für Bildhauerei.
Beide Villen waren – wie die Villa Riemerschmid – Künstlerhäuser. Die Floßmann-Villen in der Marsopstraße 4 a/b wurden von 1905 bis 1909 als Atelier- und Wohnhaus erbaut. Später lebten und arbeiteten dort Hans Osel (Bildhauer), Herbert Peters (Bildhauer), Rolf Nida-Rümelin (Bildhauer), Josef Erber (Bildhauer), Josef Hauzenberger (Maler), Karl Meisenbach (Maler), Wolfgang Znamenacek (Bühnenbildner), Ernst Buchner (Kunsthistoriker), Oskar Maria Graf (Schriftsteller), Rudolf Pfister (Kunsthistoriker), Hans Christian Blech (Schauspieler), Ruth Drexel (Schauspielerin), Erni Wilhelmi (Schauspieler) und Peter Vogel (Schauspieler). Ab 1931 bewohnte der Maler Edgar Ende eines der Ateliers. Sein Sohn, der Schriftsteller Michael Ende, wurde dort zu seinen späteren Fantasiegeschichten inspiriert.
In der Künstlerkolonie tragen die meisten Straßen die Namen von renommierten Musikern, Malern und Bildhauern. In der um 1890 begonnenen Kolonie siedelte sich auch der Gründer der Kolonie, August Exter (1858–1933), an – in der Floßmannstraße 32 (die Villa wurde 1961 abgerissen). Der südliche Teil der Kolonie wurde nach 1900 gebaut und blieb bis zum Ersten Weltkrieg lückenhaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten viele Eigentümer ihre Villen; auch entstanden hässliche Mietshäuser, die den Charakter der Parkstadt zerstörten.
Was die Künstlerkolonie in der Gartenstadt Pasing betrifft, muss ein Versäumnis konstatiert werden. Anders als im Fall der Villa Parish versäumte es die Stadt München, dieses kulturelle Erbe zu bewahren. Zwar stehen die Villen unter Ensembleschutz, aber es mangelt an einer wirklich stringenten Durchsetzung denkmalpflegerischer Interessen. Die Villenkolonien werden heute vor allem als Immobilienzone für Begüterte wahrgenommen.