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Die Maximilianskirche

Wie die Stadtpfarrkirche zur „Notre-Dame an der Isar“ wurde

München war eine der am schnellsten wachsenden Metropolen des späten 19. Jahrhunderts. Allein von 1880 bis 1900 verdoppelte sich ihre Einwohnerzahl. Ende des 19. Jahrhunderts gab es in der katholischen Stadt nicht mehr genügend Gotteshäuser für die rasant zunehmende Zahl an Kirchgängern.

In den 1880er Jahren reichten die Münchner Kirchengebäude nicht mehr aus, um die Zahl der Gottesdienstbesucher zu bewältigen. So wurde am 20. November 1883 der Bau von drei neuen Pfarrkirchen bekannt gegeben: Sankt Benno in der Maxvorstadt, Sankt Paul an der Theresienwiese und Sankt Maximilian im Glockenbachviertel. Für diese monumentalen Pfarrkirchen war eine neue Formensprache gefragt.

Im Oktober 1893, während der Neubau der Maximilianskirche noch in Planung war, wurde eine alte Schulbaracke in der Auenstraße in eine Notkirche umgewandelt. In einem Architektenwettbewerb um den Neubau der Kirche setzte sich Heinrich Freiherr von Schmidt (1850–1928) mit seinem Entwurf durch. Die Grundsteinlegung fand am 24. Juni 1895 statt. Die neuromanische, dreischiffige Basilika wurde 1901 fertiggestellt. Am 6. Oktober 1901 weihte der Erzbischof von Stein die römisch-katholische Pfarrkirche Sankt Maximilian. Im Jahr 1903 wurde sie zur Stadtpfarrkirche erhoben.

Die Formensprache lehnt sich an die oberitalienische Romanik an. Das Langhaus ist stark reduziert und ohne Querschiff ausgeführt. Der Bau unterlag aufgrund der geringeren Tragfähigkeit des Geländes an der Isar einigen Einschränkungen. Deshalb wurden die Türme nicht an der Hauptfassade, sondern an den Seiteneingängen, bei der Vierung, platziert. Anstelle eines Gewölbes wurde über dem Kirchenschiff eine flache Balkendecke aus Lärchenholz eingezogen.

Im Chor steht ein Steinkreuz nach keltischem Vorbild, unter dem der heilige Maximilian thront, flankiert von weiteren Heiligen, die eine wichtige Rolle für die bayerische Geschichte spielten: Winthir, Rasso, Korbinian, Luitpold, Theodolinde, Ulrich, Hardemunde und Emmeram, die von zwei hochrangigen Engeln, sogenannten Cherubinen, begleitet werden. Ein Auszug aus der Festschrift zur Einweihung der Kirche verrät mehr über die Intention: „Es sollte dem hl. Maximilian ein Altar errichtet werden, wie ihn unmittelbar nach seinem Tode [um 284 n. Chr.] damalige Künstler erdacht haben könnten; diese Künstler, vielleicht noch heidnisch vorgebildet, hätten angesichts der halbkreisförmigen Grundgestalt des Chores vielleicht auf die Bauweise der keltischen und altgermanischen Ringgräber zurückgegriffen, deren es damals noch manche gab.“ (nach Habel 1971, S. 38).

Nach der Ausschreibung eines Wettbewerbs für die bildliche Gestaltung der Kirche malte zunächst Theodor Baierl (1881–1932) die Apsis über dem Hochaltar mit einer Darstellung der Schmerzensmutter aus (im Zweiten Weltkrieg teilweise beschädigt und später übertüncht). Josef Bergmann (1888–1952) fertigte 1933 zwei Fresken, David mit Goliath sowie den Christophorus mit dem Jesuskind, in der Nische beim Taufbecken. In den Jahren 1938/1939 wurde am südöstlichen Seitenschiff eine Sakristei angefügt. Im Jahr 1941 erweiterte Bergmann das Bildprogramm der Kirche noch um das Fresko „Jüngstes Gericht“ an der südöstlichen Mittelschiffswand.

Drei Luftangriffe am 6. September und 2. Oktober 1943 sowie am 13. Juli 1944 beschädigten die Kirche schwer: Der Dachstuhl, die Turmhelme und die Innenausstattung verbrannten fast vollständig. Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Notkirche im nordwestlichen Seitenschiff eingerichtet, in der ab Ostern 1946 wieder regelmäßig Gottesdienste abgehalten werden konnten. Von 1949 bis 1953 erfolgte der Wiederaufbau der Kirche. Am 11. Oktober 1953 wurde der Hochaltar durch Bischof Johannes Neuhäusler wieder geweiht. Beim Wiederaufbau wurden die Mittelschiffspfeiler zur Stabilisierung mit Beton ummantelt. Da die Geldmittel jedoch knapp waren, erhielten die Südwesttürme anstelle ihrer ursprünglichen Turmhelme nur Notdächer. Dieses Provisorium wurde bis heute nicht behoben. Aufgrund dieses Erscheinungsbildes wird die Maximilianskirche auch „Notre-Dame an der Isar“ genannt.

Bilder

Ansicht von Süden von der anderen Isarseite, ca. 1920er/1930er
Ansicht von Süden von der anderen Isarseite, ca. 1920er/1930er Das Erscheinungsbild der Maximilianskirche dominiert das nördliche Isarufer von der Wittelsbacherbrücke bis zum Deutschen Museum. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261711
Eingang zur Notkirche an der Auenstraße, wohl 1893
Eingang zur Notkirche an der Auenstraße, wohl 1893 1893 wird die Notkirche in einer alten Schulbaracke eingerichtet. Die Aufnahme stammt unmittelbar vom Zeitpunkt der Weihe. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th257418
Seitenansicht auf die Notkirche an der Auenstraße, wohl 1893
Seitenansicht auf die Notkirche an der Auenstraße, wohl 1893 Die Notkirche wurde noch bis circa 1899 weitergenutzt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261705
Grundriss der Maximilianskirche, 1918
Grundriss der Maximilianskirche, 1918 Der Grundriss wurde im Zuge der Ausschreibung eines Wettbewerbs zur Ausmalung der Kirche 1918 veröffentlicht. Anstelle der traditionellen Ausrichtung des Chors nach Osten ist die Kirche Sankt Maximilian nach Südwesten ausgerichtet. Die Ausrichtung des Kirchenbaus passt sich dabei dem Flusslauf der Isar an. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261702, dort aus: Die Christliche Kunst, Aug/Sep. 1918, S. 326
Längsschnitt der Maximilianskirche, 1918
Längsschnitt der Maximilianskirche, 1918 Der Längsschnitt wurde anlässlich der Ausschreibung eines Wettbewerbs zur Ausmalung der Kirche 1918 veröffentlicht. Im Plan zu erkennen sind hier auch die Fundamente unter den Pfeilern und Türmen der Kirche. Diese waren aufgrund des sumpfig-sandigen Baugrunds an der Isar notwendig. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261703, dort aus: Die Christliche Kunst, Aug/Sep. 1918, S. 326
Postkarte der Isarpartie mit Alpenpanorama, 1920er
Postkarte der Isarpartie mit Alpenpanorama, 1920er Diese Postkarte aus den 1920er Jahren zeigt den Blick vom Deutschen Museum entlang der Isar in Richtung Südwesten. Die Türme der Maximilianskirche überragen die Dächer der Stadt deutlich. Im Hintergrund ist das Alpenpanorama zu sehen. Dieses ist hier jedoch hineinretuschiert, da der Blick hier Richtung Südwestwest geht und nicht gen Süden. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0823-01-Th238681
Ansicht der Kirche von Nordosten, wohl 1901
Ansicht der Kirche von Nordosten, wohl 1901 Die Aufnahme entstand unmittelbar nach der Kirchweihung 1901. Zu diesem Zeitpunkt sind die Bäume am Isarufer und auf dem dreieckigen Grünstreifen an der Nordostseite der Kirche noch jung. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261716
Innenansicht nach Südwesten, vor 1922
Innenansicht nach Südwesten, vor 1922 Der an die oberitalienische Romantik angelehnte Bau präsentiert sich im Inneren sehr klar und zurückgenommen. Die Vierung ist leicht ausgeschieden und im Mittelschiff durch Schwippbögen hervorgehoben. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261718
Innenansicht nach Nordosten, um 1915
Innenansicht nach Nordosten, um 1915 Blick durch das Langhaus auf die Orgelempore, noch bevor der Innenraum ausgemalt wurde. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261706
Zerstörte Kirche, Ansicht von Osten, 1943/1944
Zerstörte Kirche, Ansicht von Osten, 1943/1944 Luftangriffe auf München zwischen September 1943 und November 1944 beschädigten die Kirche stark. Zu sehen sind hier der ausgebrannte Dachstuhl über dem Langhaus und die Ruinen der Südwesttürme, ohne die Turmhelme, die vom Feuer zerstört wurden. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th257422
Zerstörte Kirche, Innenansicht nach Südwesten, 7.10.1943
Zerstörte Kirche, Innenansicht nach Südwesten, 7.10.1943 Die Balkendecke brannte nach den Luftangriffen 1943 komplett ab; heruntergefallene Trümmer liegen im Kirchenraum. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261710
Zerstörter Chor, 7.10.1943
Zerstörter Chor, 7.10.1943 Das Steinrelief im Chor blieb relativ verschont von den Luftangriffen. Hier ist das Apsisfresko von Theodor Baierl zu sehen. Neben der Darstellung der Schmerzensmutter diente es auch als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th261544
Messe in der zerstörten Kirche, 1. Juli 1945
Messe in der zerstörten Kirche, 1. Juli 1945 Am 1. Juli 1945 fand eine Messe in der Ruine des Gebäudes statt: Durch das fehlende Dach über dem Langhaus hatte sich eine Pfütze im Mittelschiff gebildet. Der Schutt um den Chor herum wurde größtenteils weggefegt. Eine Traube Gläubiger hat sich im Kirchenraum versammelt. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-01-Th257424
Ansicht von Westen, 1988
Ansicht von Westen, 1988 Durch die provisorisch flachgedeckten Südwesttürme hat die Kirche im Volksmund auch den Namen „Notre-Dame an der Isar“ bekommen. Quelle: Zentralinstitut für Kunstgeschichte Photothek/Archiv, 0889-02-337626 Erstellt von: Margrit Behrens
Detailansicht des Chors, 2020
Detailansicht des Chors, 2020 Die Steinreliefs am Hochaltar wurden 1902 von Balthasar Schmidt und Georg Wrba geschaffen. Das Apsisfresko von Theodor Baierl wurde nach dem Zweiten Weltkrieg übertüncht. Zum einen, weil es beschädigt war, zum anderen, weil es als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu ideologisch aufgeladen war. Quelle: Wikimedia Commons Erstellt von: Rufus46

Ort

Auenstraße 1, 80469 München | Frei zugänglich

Metadaten

Nadine Raddatz, “Die Maximilianskirche,” MunichArtToGo, accessed 26. Juni 2024, https://municharttogo.zikg.eu/items/show/162.